#mm: Rollenspiele ohne Stress

Tipps für den Einsatz im Seminar

Rollenspiele sind bei Teilnehmer:innen unbeliebt. Allein der Begriff scheint Allergien auszulösen. Methoden gegen den Widerstand der Teilnehmer:innen ein- und durchzusetzen, schadet dem Lernerfolg. Es gibt aber Strategien und Tipps, wie Rollenspiele in Seminaren und Lehrgängen stattfinden können, ohne Stressreaktionen und Ablehnung zu provozieren.

Das Wort Rollenspiel vermeiden

Wenn allein der Methodenname die Haare zu Berge stehen lässt, dann verwenden wir ihn möglichst selten oder vermeiden ihn ganz. „Ich möchte mit euch durchspielen (praktisch ausprobieren, die Situation genau ansehen), wie wir mit diskriminierenden Aussagen von Teilnehmer:innen umgehen.“

Folgendes Beispiel zeigt, dass das mehr ist als Etikettenschwindel:
Eine Teilnehmerin hatte eine offen kommunizierte Rollenspiel-Allergie. Allein der Begriff versetzt sie nach einem traumatischen Erlebnis bei einem Rollenspiel in Panik. Unser Seminar hatte allerdings überhaupt nichts mit Rollenspielen zu tun. Am zweiten Tag erzählte sie von ihrer Idee, in ihrer eigenen Veranstaltung eine Atemübung einzubauen. Sie war sich aber nicht sicher, wie das ankommt. „Willst du das morgen hier ausprobieren?“ Sie wollte, es kam sehr gut an, sie hatte ein Erfolgserlebnis. Ein Rollenspiel, ohne dass jemand die Assoziation Rollenspiel entwickelte.

Erleichterung von Stopp und Exit

Eine aktualisierte Version des SSSP. Die ursprüngliche Version gibt es hier.

Grundsätzlich hat jede Spieler:in die Möglichkeit, ein Rollenspiel auch mittendrin zu beenden. Es gibt aber für Teilnehmende mehr Möglichkeiten der Steuerung. Von meinem Kollegen Bernhard Stieger habe ich die Idee für den SSSP (Schwierige-Situation-Solution-Player). Dazu braucht es nur ein Flipchart neben der „Bühne“, mit dem die Akteur:innen steuern können. Die Bedienknöpfe sind ursprünglich denen von Kassettenrekordern nachempfunden. Weil die heute niemand mehr kennt, habe ich den Player für diesen Beitrag aktualisiert. Man kann das Rollenspiel stoppen und damit einfrieren. Dann lässt sich das Geschehen zurück- oder vor“spulen“. Wer die Help-Taste drückt, bekommt eine kurze Beratung durch eine im Voraus bestimmte Helfer:in. Dann geht es mit „Play“ wieder weiter.

Rollenspiele ohne Bühne

Nach einem Theorieteil über das Auftragsklärungs-Gespräch vor Bildungsmaßnahmen (Seminare, Schulungen) wird praktisch geübt. Es gibt drei Rollen: Referent:in, Auftraggeber:in, Beobachter:in. Parallel spielen mehrere Dreiergruppen. Es gibt zwei Durchgänge. Die Rollen werden gewechselt. Ins Plenum kommen anschließend offene Fragen und aus jeder Gruppe ein Statement: „Unsere wichtigste Erkenntnis aus der Übung“. Der Begriff Rollenspiel wird dabei nicht unbedingt vermieden, aber Stress war nicht spürbar. Vermutlich, weil bei diesem Setting die Bühnenwirkung (Alle Augen sind auf mich gerichtet) wegfällt.

Rollenspiele auf die Schnelle

Kollege Hermann Will führt unter dem Titel „Rollenspiele light“ Tipps an, wie Rollenspiele „niederschwellig“ und ohne Stress einzusetzen sind.

  • Typus Elevator Pitch: Wie in einer kurzen Aufzugfahrt hat eine Akteur:in wenige Minuten, eine Mitfahrer:in von einer Idee zu überzeugen. Auch in dem Refak-Seminar „Wohin mit dem ganzen Inhalt?“ wird mit der Methode Elevator-Pitch gearbeitet.
  • Der leere Stuhl steht der Trainer:in gegenüber. Sie stellt einer fiktiven Person auf dem leeren Stuhl eine Frage. „Wie würdest du reagieren? Komm doch und setz dich auf den Stuhl.“ Es folgt eine improvisierte kurze Spielszene. Dann ist jemand anderes aus der Teilnehmer:innengruppe dran.
  • Die Minuten-Szene kann übertragen werden auf eine Schulung zur Beratung durch Gewerkschafter:innen. Zwei Stühle. Auf einem eine Kolleg:in, die zur Beratung kommt: „Ich habe das Gefühl, die wollen mich loshaben, weil ich öfter krank bin. Dann schleppe ich mich in die Arbeit, obwohl es mir nicht gut geht.“ Was sind die nächsten Sätze? Die Teinehmer:innen wechseln sich schnell ab. Erst nach einigen Durchläufen wird bewertet, welche Reaktionen für das Beratungsgespräch hilfreich sind.

Zum Weiterlesen:

  • Lipp, Ulrich (2008): 100 Tipps für Seminar und Training. Beltz-Verlag, Weinheim
  • Will, Hermann (2016): mini-handbuch: Training und Seminar. Beltz-Verlag. Weinheim

Autor: Ulli Lipp

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