#demo: Demokratie und Demokratiebildung

Mit der Zeitmaschine ins Jahr 1944
c: Philip Taucher

Eine Reise in der Zeitmaschine

Stell dir vor, die Menschheit hätte es endlich geschafft eine Zeitmaschine zu bauen. Wir steigen in die Maschine und geben auf dem Screen den Jänner 1944 ein. Schon passiert es: Wir sind 80 Jahre in der Zeit zurückgereist. Wir steigen aus: Was passiert da gerade auf der Welt?

Das  Jahr 1944: Joe Cocker und Peter Rapp werden geboren, die erste Ausgabe der Tageszeitung „Le Monde“ erscheint in Frankreich und rund um den Globus tobt der 2. Weltkrieg.

Was ist Demokratiebildung?

Heute, im Jahr 2024, sind die meisten Menschen in Mitteleuropa Zeit ihres Lebens in Frieden und relativem Wohlstand aufgewachsen. Wenige haben konkrete persönliche Erfahrungen, wie es sich anfühlt, in einem Land zu leben, das keine Demokratie ist. Laut dem Demokratiemonitor von SORA (2023) stößt unser demokratisches politisches System in Österreich auf breite Akzeptanz. Nur sechs bzw. 19 Prozent der Menschen wünscht sich einen „starken Führer“. Demokratiebildung hat die Aufgabe, Menschen mit und ohne demokratiefeindlichen bzw. demokratieskeptischen Einstellungen zu erreichen und mit ihnen zu arbeiten. Dabei will sie die Überzeugung stärken, dass, trotz aller berechtigter Kritik an einer demokratischen Staatsform, dieses politische System einer Diktatur überlegen ist.

Diese Überlegenheit gilt für das alltägliche Leben von Bürger:innen: weil diese etwa nicht fürchten müssen, für ein falsches Wort, für eine „falsche“ Religionszugehörigkeit oder politische Gesinnung willkürlich bestraft oder gar eingesperrt zu werden. Sie gilt auch für die kollektive Fähigkeit, sich als demokratische Gesellschaft großen Herausforderungen zu stellen, wie dem Wandel in der Arbeitswelt, der Klimakrise oder dem Umgang mit neuen Technologien (z.B. künstlicher Intelligenz).

Praktisch ist es schwierig, jemanden mit verfestigter autoritärer bzw. radikalisierter Gesinnung von Demokratie und demokratischen Grundwerten zu überzeugen. Demokratiebildung kann meiner praktischen Erfahrung nach eher als Prävention verstanden werden. Das heißt, man arbeitet vor allem mit jenen Menschen, die Demokratie eigentlich gut und wichtig finden, die dennoch Zweifel haben und verhindert im besten Fall, dass die zweifelnden Menschen in eine autoritäre Ecke abgleiten. Für extremistisch oder radikalisiert eingestellte Menschen gibt es Fachorganisationen. (z.B. Beratungsstelle Extremismus, Bundesstelle für Sektenfragen)

Was sind demokratische Grundwerte?

Darüber, was demokratische Grundwerte sind, bzw. ob politische Bildungsprozesse in einer Demokratie überhaupt Werte vermitteln sollen, gibt es in Fachkreisen keine Einigkeit. Mit am häufigsten genannt und aktuell besonders wichtig sind die folgenden:

  • Menschenwürde, basierend auf Freiheit, Gleichheit und Solidarität.
  • Mehrheitsentscheidungen bei gleichzeitiger Einhaltung von Menschen- bzw. Minderheitenrechten.
  • Bekenntnis zu Rechtstaatlichkeit und zu demokratischen Institutionen (Parlament, Opposition, Parteien, Interessensvertretungen).
  • Bekenntnis zur friedlichen Auseinandersetzung von Konflikten und Ablehnung von Gewalt.
  • Anerkennung von anderen politischen Meinungen und Bereitschaft der Auseinandersetzung mit Andersdenkenden.

Wie kann man demokratische Grundwerte vermitteln?

Demokratiebildung beruht auf dem Prinzip der Freiwilligkeit oder dem, was die Politische Bildung als „Überwältigungsverbot“ beschreibt: Menschen müssen aus freien Stücken erkennen, welche Vorzüge es hat, in einer Demokratie zu leben oder sich für demokratische Grundwerte einzusetzen. Dazu zwingen darf und kann man andere Menschen nicht. Wenn man es dennoch versucht, wird man – ich spreche aus Erfahrung – das Gegenteil von dem erreichen, das man erreichen will.

Die Adressat:innen von Prozessen der Demokratiebildung müssen also in letzter Konsequenz selbst erkennen, warum Demokratie bzw. demokratische Werte wichtig sind. Wir als Pädagog:innen können dazu nur Anreize liefern, notwendiges Hintergrundwissen vermitteln und bei Bedarf auch auf Ängste und Sorgen unserer Zielgruppen eingehen.

Können Sie sich noch an den Beginn dieses Textes erinnern?

In Österreich und an vielen anderen Stellen auf der Welt haben wir das Glück, dass wir nach dem 2. Weltkrieg die längste Friedensperiode unserer Geschichte erleben. Und das hat auch damit zu tun, dass uns Demokratie die Möglichkeit bietet, unsere Konflikte friedlich und mit möglichst wenig Gewalt auszutragen.

Beinahe alle Menschen mit denen ich in den letzten 15 Jahren gearbeitet habe wünschen sich ein Leben in Frieden und ohne Krieg. Ein Weg der Demokratiebildung kann es also sein, auf den Umstand, dass eine Demokratie den Frieden etwas wahrscheinlicher macht, verstärkt hinzuweisen. Skeptisch? Dann lade deine Teilnehmer:innen auf eine Reise mit unserer Zeitmaschine ein.

Praktische Anregungen

Gedankenexperiment 1:

Stelle dir mit deinen Teilnehmer:innen vor, ihrsteigt in eine Zeitmaschine und reist 40 Jahre in die Vergangenheit. Denkt an euren Alltag jetzt und wie sich dieser verändern würde, wenn ihr dasselbe Leben vor 40 Jahren geführt hättet. Welche Änderungen gibt es und wie hat sich Demokratie in den letzten 40 Jahren verändert?

Gedankenexperiment 2:

Stelle dir mit deinen Teilnehmer:innen vor, ihr steigt in eine Zeitmaschine und reist 30 Jahre in die Zukunft. Seit optimistisch und glaubt daran, dass alle unsere großen politischen Probleme des Jahres 2024 gelöst wurden. Reflektiert darüber, welche politischen Entscheidungen jetzt notwendig sind, um diese optimistische Zukunft zu verwirklichen.

Autor: Patrick Danter von Sapere Aude

Am nächsten „demokratischen Montag“…

Zeitmaschine fährt
C: Philip Taucher

… geht die Zeitreise weiter. Wir folgen den roten Spuren in die Geschichte der gewerkschaftlichen Erwachsenenbildung. Die Frage nach der Demokratie begleitet die gewerkschaftliche Erwachsenenbildung seit ihren Anfängen im 19. Jahrhundert. Wir nutzen unsere Zeitmaschine, um zu entscheidenden Momenten dieser Entwicklung zu reisen. Sei dabei!

weiterführende Links:

Quellen:

Bundeszentrale für politische Bildung – Werte und Menschenrechte
Österreichischer Demokratiemonitor
Wikipediaeintrag zu 1944

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Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung-NichtKommerziell-Weitergabe unter gleichen Bedingungen unter gleichen Bedingungen 3.0 Österreich Lizenz.
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