Digitale Bildungsangebote

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Zwischen Chancen und Herausforderungen in der gewerkschaftlichen Weiterbildung

Das für die Erwachsenenbildung ohnehin sehr relevante Thema der Digitalisierung ist spätestens seit der Covid-19 Pandemie in sämtlichen Bereichen der Weiterbildung, und damit natürlich auch in der gewerkschaftlichen Erwachsenenbildung, omnipräsent. Die meisten Bildungsträger mussten im Frühjahr 2020 in kürzester Zeit Möglichkeiten für die Umstellung ihrer Präsenzformate auf digitales Lernen entwickeln – manches davon wurde als Übergangslösung betrachtet, aber es wurden ebenso neue Potentiale für die zukünftige Weiterbildung sichtbar bzw. auch ein vertieftes Nachdenken über die Vor- und Nachteile unterschiedlicher Lehr- und Lernformen angestoßen.

Auch der Lehrgang der Gewerkschaftsschule Steiermark (im Folgenden GS genannt) wurde pandemiebedingt von Präsenz auf Digital umgestellt – aber hat das digitale Bildungsangebot die Teilnahme erleichtert oder erschwert? Welche digitalen Erfahrungen haben die Teilnehmer*innen im Zuge ihrer Teilnahme gemacht?

In meiner Masterarbeit habe ich mich mit diesen Fragen auseinandergesetzt und Teilnehmer:innen befragt, die im Jahrgang 2020/2021 unter den digitalen Bedingungen an der Gewerkschaftsschule teilgenommen haben.

Digitale Vorkenntnisse

Die Ergebnisse der Befragung zeigten, dass bereits mehr als 50% der Teilnehmer*innen digitale Medien, wie bspw. Videokonferenztools, außerhalb der GS genutzt haben.

Abbildung 1: Teilnehmer*innen digitale Anwendungen (Eigene Darstellung)

Erleichterte oder erschwerte Teilnahme?

50% der männlichen Befragten stellten weder eine Erleichterung noch eine Erschwerung fest. 38,5% der Frauen empfanden die Teilnahme eher bis sehr erleichtert. Daran konnte ich einen ersten Unterschied zwischen den Geschlechtern erkennen.

Als problematisch stellte sich für den größten Teil (84,6%) der weiblichen Befragten die ermüdende Arbeit am Computer sowie eine schlechte Internetverbindung (30,7%) heraus. Die männlichen Befragten empfanden ebenfalls die ermüdende Arbeit als Problem sowie die Selbstaneignung von Inhalten (je 20%). Probleme aufgrund des technischen Verständnisses zeigten sich jedoch eher weniger bei den Frauen (7,7%) und gar nicht bei den Männern.

Abbildung 2: Probleme digitale Erfahrungen Teilnehmer*innen (Eigene Darstellung)

Mit Hilfe von Kommentaren konnten die Befragten Vor- sowie Nachteile ihrer digitalen Erfahrung mit der Gewerkschaftsschule ausführlich darstellen. Hierbei wurde deutlich, dass gerade die Flexibilität sowie ökologische und kostensparende Erreichbarkeit als Vorteile empfunden wurden. Längere Anfahrtswege konnten gerade für Personen, die im ländlichen Raum wohnen oder zusätzliche Betreuungspflichten haben, erspart werden. Hier ein paar interessante Anmerkungen aus den Fragebögen. Alle Anmerkungen sind durch den grau hinterlegten Block ersichtlich.

  • „Vorteil: Wege fallen weg –> Zeitersparnis. Nachteil: Gemeinschaft wird erschwert, unpersönlicher. Daher Mischform mir etwas mehr Präsenzunterricht“
  • „Leichterer Zugang zu den Abendeinheiten“
  • „Einzelne Vorträge sind auch digital vorstellbar, aber der Großteil sollte in Präsenz unterrichtet werden.“

Vorteile von digitalen Lernangeboten

Es wurde zudem von Teilnehmer*innen vermutet, dass sich der Kurs mit Hilfe von digitalen Angeboten an die Bedürfnisse und Veränderungen der Gruppe anpassen könnte und dass dadurch zum Beispiel bei Dienstreisen, Erkrankungen, unterschiedlichen Dienstzeiten oder auch schlechter Witterung trotzdem teilgenommen werden könnte. Ein digitales Angebot könnte als zusätzliches Angebot eine größere Reichweite erhalten und weiteren Personen die Teilnahme ermöglichen. Auch die Voraussetzung von digitalen Kompetenzen stellen für die Teilnehmer*innen keine Herausforderung dar, da sich der Kurs durch learning by doing an die steigenden Anforderungen im Umgang mit digitalen Medien anpassen könnte.

Nachteile von digitalen Lernangeboten

Als Nachteil erachteten die Teilnehmer*innen, dass der Austausch erschwert wurde, was besonders gravierend ist, da die Gewerkschaftsschule vor allem vom informellen Austausch und dem Miteinander zwischen Vortragenden und Lernenden, wie auch von der Vernetzung lebt.

„[Das] Zusammenhaltsgefühl fehlt auch.“

Das Onlineformat hingegen erschwerte diesen Austausch, da einige Teilnehmer*innen es als unpersönlich empfanden, sowie die Konzentrations- und Aufmerksamkeitsspanne geringer war und weniger Möglichkeiten zur Mitarbeit vorhanden waren.

  • „Die Kommunikation ist beeinträchtigt und es fehlt der Austausch mit anderen. Es ist anstrengender sich zu konzentrieren, das soziale Miteinander und die nonverbalen Rückmeldungen für Vortragende fehlen.“
  • „Es kommen keine richtigen Diskussionen in Gang. Die Teilnehmer sind meist zu passiv.“

Wie bereits schon in der Abbildung 2 deutlich zu sehen ist, verfügten auch einige wenige Teilnehmer*innen über eine schlechte Internetverbindung, welches zusätzlich zur Herausforderung wurde.

„Bandbreite und somit die Verbindung geht meist um 20.00 Uhr in die Knie und dann wird die Kommunikation schwierig“.

Zu den benötigten alltäglichen digitalen Kompetenzen mit digitalen Endgeräten und Medien lässt sich festhalten, dass die Teilnehmer*innen der Gewerkschaftsschule 2020/2021 bereits ein fortgeschrittenes bis hohes Kompetenzniveau im persönlichen Medieneinsatz, Lernen mit digitalen Medien und der Förderung der digitalen Kompetenz nach dem nationalen DigComp 2.2 AT-Kompetenzrahmen erreicht haben. Die Teilnehmer*innen verfügten also durchaus über ausreichend Erfahrung und entsprechende Urteilskraft in Bezug auf die Nutzung und Anwendung von digitalen Tools, um an digitalen Bildungsangeboten teilzunehmen.

Abbildung 3: Lernen mit digitalen Medien (Eigene Darstellung)

Ergebnisse kompakt zusammengefasst

Die Teilnehmer*innen sehen sowohl wesentliche Vorteile als auch Nachteile in der digitalen Teilnahme, die sich auf die Konzeption der Onlineeinheiten beziehen. Die weiblichen Teilnehmer*innen empfanden die digitale Teilnahme eher als erleichternd, möglicherweise auch, da sich Familie und Beruf besser vereinbaren lassen. Durch eine Kombination aus digitalen Formaten und Präsenzangeboten als sogenanntes hybrides bzw. blended Format könnte den Teilnehmer*innen der persönliche Austausch ermöglicht und zudem Inhalte online vermittelt werden. Um die Motivation und Mitarbeit der Teilnehmer*innen zu erhöhen, können die Vortragenden mit passenden Methoden arbeiten und dadurch die Teilnahme von einer breiteren Personengruppe ermöglichen. Auch für die gewerkschaftliche Bildungsarbeit bedeuten diese Ergebnisse, dass durchaus ein Potential in der Nutzung von digitalen Bildungsangeboten besteht, welches eine erweiterte Zielgruppe ansprechen würde und eine Erleichterung für den Zugang der bisherigen Teilnehmer*innen darstellen könnte, um näher auf ihre Bedürfnisse eingehen zu können.

Falls du tiefergehende Ergebnisse von meiner Masterarbeit lesen möchtest, kannst du sie hier downloaden.

Autorin: Lisa Krahn, für weitere Fragen, könnt ihr mich gerne unter lisa_krahn@gmx.de kontaktieren.

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