Pausen online

Online ist anders. Auch in Bezug auf die Pausen. Zusammen einen Kaffee trinken, gemeinsam essen, ratschen, zu zweit, zu dritt eine Runde drehen, all das geht online nicht. Alle sitzen allein vor ihren Rechnern und bleiben auch in Pausenzeiten allein. Grund genug, sich die Pausen im Online-Unterricht speziell vorzunehmen. Wir haben dazu auch Tipps von Kolleg*innen gesammelt.

Was ist bei Online-Pausen anders?

Grundsätzlich sind Pausen Unterbrechungen im Lern- und Arbeitsprozess, egal ob im Präsenzlernen oder im Online-Modus. Deshalb baut dieser Beitrag auf dem allgemeinen Beitrag „Mach mal Pause!“ auf. Folgende Besonderheiten im Online-Lernen sollten wir dennoch berücksichtigen:

  • Ich stehe auf vom Laptop – es ist ja Pause – und bin schwupps bei mir zu Hause oder am Arbeitsplatz, im Büro, aber auf alle Fälle weit weg vom Seminar und den Kolleg*innen im Seminarraum. Der Lernprozess wird unterbrochen. Das wäre ja ganz ok, würde es der Erholung dienen. Wir werden aber oft in unseren „Normalalltag“ katapultiert: „Ah, du hast grad Pause. Schau doch bitte schnell auf den Textentwurf….“ Wenn die Schulung weiter geht, bin ich in Gedanken dann woanders.
  • Viele bleiben einfach sitzen. Da scheint der Online-Arbeitsplatz „human-magnetisch“ zu sein. Damit wird das totale Herausgerissenwerden vermieden, aber eine richtige Pause ist das auch nicht, ohne Bewegung, ohne Frischluft.
  • Dabei ist ja die Bewegung im Online-Format noch weniger als in einem Präsenzseminar. Der Blick ist fixiert auf eine relativ kleine Fläche. Wir rühren fast nur die Finger bei der Bedienung der Tastatur und für den Weg in die Gruppenarbeit und zurück stehen wir nicht einmal vom Sessel auf.
  • Dazu kommt: Das Online-Training ist anstrengender als das Präsenztraining. Das gilt für Teilnehmende wie auch für uns als Referent*innen. Allein die Multitasking-Fähigkeit wird viel mehr beansprucht: Neben dem Inhalt, dem es zu folgen gilt, müssen wir uns auf die Technik konzentrieren. Dazu kommt oft noch der Chat. Die Einheit von Sprache und Körpersprache fällt auseinander. Da tun Pausen gut! Aber wie können wir sie online optimal gestalten?

Mehr Pausen!

Schon nach dem ersten Online-Seminar war uns klar: Wir müssen mehr Pausen machen als im Präsenz-Modus. Das sind zum einen regelmäßige Kurzpausen. Wir fahren gut mit 5 bis 10 Minuten pro Unterrichtsstunde (a 60 Minuten).
Bei langen Einheiten, die mehr als drei Stunden dauern, machen wir eine sehr lange Mittagspause. Gerne zwei volle Stunden. In diese Zeit packen wir, wenn es inhaltlich passt, individuell zu erledigende Aufgaben. Diese sollen aber von den zwei Stunden maximal 20 Minuten beanspruchen. Die Akzeptanz dafür ist bei den Teilnehmer*innen übrigens hoch.

Beispiele: In einem Online-Seminar zum Thema Storytelling sollten sich die Teilnehmer*innen in der langen Mittagspause Geschichten für die eigenen Schulungen überlegen. In einem anderen über „Aktivierungsinseln im Lehrvortrag“ hieß die Instruktion für die Arbeit in der Mittagspause: Überlege und notiere Aktivierungsmöglichkeiten für deine eigenen Kurse. Schick uns bitte deine Arbeitsergebnisse per Mail. Da kam ganz schön viel zusammen!

Nach der Rückmeldung „Bitte weniger Pausen!“ hat Kollege Uwe Hildach seinen „Stundenplan“ angepasst.

Manchmal ist es auch anders: Bei einer Umfrage unter Kolleg*innen stellte sich heraus, dass manchmal eine hohe Pausenfrequenz in Online-Seminaren von Teilnehmer*innen als störend empfunden wird, wenn der Lernprozess abwechslungsreich gestaltet ist, alle aktiv dabei sind und keine Unterbrechung wollen.

Sensoren für das Bedürfnis nach einer Pause

Wir brauchen Pausen-Sensoren. Sich dabei auf das eigene Gefühl zu verlassen, hilft kaum. Wir bekommen nämlich das Pausenbedürfnis im Online-Setting noch weniger mit als im Präsenz-Modus. Wir nehmen selten wahr, wie oft Teilnehmer*innen auf die Uhr schauen, das Handy zücken oder im Sessel nach unten rutschen, während wir selbst noch unter Strom stehen.

Was hilft?

  • Feste Pausenzeiten und die auch einhalten!
  • Wenn wir zu zweit arbeiten oder mit Moderator*in (Beispiel im Selbstversuch), achtet jemand gezielt auf Pausen.
  • Steuerungsfeedback: Bei längeren Veranstaltungen fragen wir vor der Mittagspause oder am Ende des ersten Tages unter anderem: „Pausenlänge und Pausenhäufigkeit, passt das für euch?“
  • Pausenbeauftragte ist eine Teilnehmer*in mit der Spezialaufgabe, sich zu rühren, wenn eine Pause gewünscht wird. Manchmal wird sie auch im Chat von Kolleg*innen dazu aufgefordert.
  • Der Aufklebe-Reminder: Man stellt sich einen Handy-Timer oder ganz oldschool am Bildschirm: Pause um 10!

Pausen mit und ohne Rechner

Es gibt Pausen mit dem Rechner. Da unterbreche ich meinen Vortrag, die Arbeit am Thema, um für Entspannung, Auflockerung, Spaß, Kennenlernen, Austausch zu sorgen, bleibe aber in dieser Zeit in Verbindung mit meinen Teilnehmer*innen. Wir müssen aber unsere Teilnehmer*innen immer wieder vom Laptop wegbekommen. Das sind die Pausen ohne Rechner. Je länger eine Veranstaltung dauert, um so öfter bauen wir Pausen ein, in denen der Arbeitsplatz verlassen wird.

So bringe ich die Teilnehmer*innen vom Rechner weg

Aufstehen, um etwas zu holen: „Sucht bitte einen Gegenstand, der euch wichtig ist und den ihr in die Kamera halten könnt!“ Danach zeigen alle ihr Objekt und sagen einen Satz dazu. Das fördert Bewegung und Kennenlernen. Was zu holen ist, kann variieren: Was mir wichtig ist. Etwas Grünes, etwas Rotes, ein Lebewesen, das Lieblingsbuch, einen Zimmerschlüssel… Vorsicht (aber das gilt für alle Tipps): Wer als Teilnehmer*in diese Übung in einer Woche dreimal macht, wird sich nicht (mehr) darüber freuen.

Alle zeigen Gegenstände mit persönlichem Bezug, der kurz angesprochen wird.

Frischluft und Bewegung: Hole etwas von draußen! Mach bitte das Fenster kurz auf, lass Frischluft in deinen Raum. Wenn du nichts öffnen kannst, sieh zu, dass du kurz Frischluft atmen kannst. In fünf Minuten (besser um 11:35 Uhr) geht es weiter. Wenn die Kameras dabei angeschaltet bleiben, sehen wir, wie viele tatsächlich aufstehen. Wir haben gute Argumente, um die Lernenden zu überzeugen: Wir sitzen jetzt schon lange vor dem Laptop. Das Lernen geht besser, wenn wir den Kopf durchlüften und uns ein wenig bewegen.

Schritte-Wettbewerb: Auf unserem Smartphone haben viele von uns einen Schrittzähler (meist in der Gesundheits-App). Wir notieren die Schrittzahl, die da schon steht. Wer schafft in den nächsten fünf Minuten die meisten Schritte? 500 Schritte in fünf Minuten ist schon super.

Pausen mit dem Rechner: Online-Energizer

Bewegungspausen und Energizer brauchen online wie im Präsenzmodus Fingerspitzengefühl. Auch da gibt es Allergien: „Bitte keine Spielchen!“

Online-Energizer gibt es viele. Wir sammeln gerade für einen eigenen Beitrag und freuen uns, wenn ihr uns dazu euren Lieblings-Energizer (bitte bis 15.03.2021) schickt. Formloses Mail an lipp@wup.info genügt. Hier beschränken wir uns auf eine Auswahl:

„Versteckt euch vor eurer Kamera!“ Bei dem Versuch, nach rechts, links oder nach unten aus dem Bild zu verschwinden, müssen sich alle bewegen. Voraussetzung ist die Galerie-Ansicht, dann kann die Referent*in einen witzigen Screen-Shot machen und ihn später der Gruppe zeigen. Diese Bewegungspause stammt aus einer Sammlung von Caspar Siebel. Dort gibt es weitere gute Ideen.


Sich dehnen und strecken: Ich mache das als Trainer bei laufender Kamera vor und spreche dazu: „Ich strecke die Arme nach oben, mache mich gaaanz lang und versuche von ganz oben die süßesten Äpfel zu pflücken, lege sie neben den Laptop und sehe nochmal welche…“ Das geht im Sitzen, aber auch im Stehen. Im Stehen gibt das in der Galerie-Ansicht lustige Screenshots, weil man oft nur Bäuche sieht.

Auf Kommando (1,2,3 zack!) machen alle eine der drei Figuren!

Online Knobeln alias Gruppen-Knobeln: Es gibt nur drei Figuren: Schere, Stein, Papier. Auch das funktioniert nur in der Galerie-Ansicht. Jede*r sucht sich eine Gegner*in, ohne zu sagen, wer das ist. Auf Kommando (auf drei) zeigen alle ihre Figuren. Wer verloren hat, schaltet die Kamera aus oder klebt sie ab. Die Verbliebenen ziehen in die nächste Runde, bis nur noch die/der Sieger*in übrig ist. (Damit ihr einmal seht, wie das geht bei uns Trainer*innen: Erzählt hat mir die Übung Regina Czurda, die hat sie von Michael Ziereis und der hat sie von Anna Langhaiter.)

Es geht ganz schnell, bis eine Sieger*in ermittelt ist.

Pausen mit dem Rechner: Ratschen und Austausch

„Ratschräume“ für lange Pausen. Ihr gebt Links für eigene virtuelle Räume aus, in denen sich Teilnehmer*innen auch ohne Referent*in in den Pausen treffen können. Bei längeren Lehrgängen lohnt es sich, eine Software wie wonder.me einzuführen. Da können sich Teilnehmer*innen in zwanglosen Grüppchen zusammenfinden und Unterhaltungen nur in dieser Gruppe führen, zwischendurch auch mal zu einem anderen Grüppchen wechseln oder auch nur zu zweit tuscheln – fast ganz wie in einem realen Pausenbereich!

Bei Plattformen mit der Möglichkeit, Breakout Rooms einzurichten (Zoom, BigBlueButton, MS Teams) funktioniert Speed-Dating ganz gut. Für eine kurze Pause werden alle nach Zufall in Zweier- oder Dreier-Gruppen geschickt, um sich auszutauschen.

Sonia Weidenmann hat gute Erfahrungen mit einer Partnerübung im Online-Training gemacht, die Bewegung, Frischluft und Austausch verbindet. Jeweils zwei Teilnehmer*innen verabreden sich zu einem „Geh-spräch“ zu einem bestimmten Thema. Jeder geht für sich draußen herum. Dabei wird telefoniert und diskutiert. Zurück im Plenum können die gemeinsamen Erkenntnisse dann eingebracht und besprochen werden!

Weitere Tipps von Kolleg*innen

Wasser und… : Wir trinken immer zu wenig: Zeigt bitte euer (Pausen-)Getränk in die Kamera!

Unterhaltung vor Wiederbeginn: Regina Czurda empfiehlt, als Trainer*in nicht zu knapp vor Wiederbeginn nach einer Pause in den Raum zurückzukehren. Nicht nur, um die einzelnen Teilnehmer*innen (bei Zoom und Teams) wieder einzulassen, sondern auch, um mit denen zu plaudern, die schon da sind.

Pausen thematisieren:  Wolfgang Strober fragt nach, was Teilnehmer*innen in den Mittagspausen gemacht haben: Er stellt danach Fragen und lässt sie per Handzeichen oder durch Abnehmen der vorher mit farbigen Post its abgeklebten Kameras beantworten. Wer dann zu sehen ist, kann auch kurz kommentieren. Beispielfragen:

  • Wer war draußen?
  • Wer hat mit jemandem über das Training gesprochen?
  • Wer hat sich gezielt bewegt?
  • Wer hat geschlafen?

Das ist nicht nur Aktivierung zu Beginn der nächsten Einheit, sondern zugleich Ansporn, bei der nächsten längeren Pause auch mal was anderes zu machen.

Dieses Bild stammt von Regina Czurda.

Was zeigt der Bildschirm während der Pause? Auf alle Fälle den Hinweis, wann es wieder weitergeht und nicht nur „Pause“. Einige Kolleg*innen präsentieren einen Timer, auf dem auf die Sekunde genau abzulesen ist, wie lange die Pause noch dauert, aber das ist Geschmackssache. Ein selbst gezeichnetes Bild vermittelt persönlichen Touch.

Die „Predigt“: Michael Ziereis empfiehlt, gebetsmühlenartig zu verkünden: „Macht alles, bloß nicht vor dem Rechner sitzen bleiben!“ Lana Lauren hat dafür eine wunderbare Grafik gemacht, die man während der Pause auch gut einblenden kann!

Wenn Teilnehmer*innen für sich selbst eine Pause einlegen

Ein Kollege erlebte, dass ein Teilnehmer während einer Online-Schulung seinen Sessel verließ und statt seiner seinen Dackel draufsetzte, der ganz interessiert auf den Bildschirm und in die Kamera schaute. Dass sich Teilnehmer*innen (meist nicht ganz so auffällig) eine Auszeit unabhängig von den „offiziellen“ Pausen nehmen, erleben wir öfter – auch im Präsenzmodus. Wenn plötzlich Kamera und Mikro ausgeschaltet werden, kann das daran liegen, dass die Netzkapazitäten für die Bildübertragung zu schwach sind. Ursache kann aber auch ein individuelles Pausenbedürfnis sein. Online ist es viel einfacher und weniger auffällig, einfach mal rauszugehen. Nehmen wir es als Signal und fragen wir auch ohne Scheu: „Florian, bist du noch da? Braucht ihr eine Pause?“

Teilnehmer*innen nehmen sich ihre Pausen mitunter selbst!

Autor: Ulli Lipp

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