#dimi_05: Trainingsdesign

Warum Planung und Qualität zusammengehören

„Planung ist die halbe Miete“ lautet ein Sprichwort, das auch auf das Thema Trainingsdesign zutrifft. Um Lernprozesse erfolgreich gestalten zu können, treffe ich zahlreiche Vorüberlegungen, die dazu beitragen, dass ich als Trainerin schon im Vorfeld Klarheit über die Inhalte, die Methoden, aber auch die Gruppe und die nötigen räumlichen Bedingungen erlangen kann.

Je klarer ich diesen Rahmen abstecke, desto bewusster kann ich Adaptierungen, die im Prozess nötig werden, vornehmen, ohne den Blick auf das Wesentliche zu verlieren. Wie das Sprichwort sagt: Planung ist eben nur die halbe Miete, die andere Hälfte ist die Fähigkeit, die Planungsstruktur nicht als Korsett zu betrachten, sondern als Orientierungsrahmen, der die Qualität von Lernprozessen sicherstellt.

Ein Trainingsdesign ist ein strukturiertes Planungsinstrument

Es unterstützt mich als Trainerin dabei, unterschiedliche Ebenen, die für den Lernprozess wichtig sind, in der Planung mitzudenken. Es regt an, gezielt über Lernziele, Lerninhalte und Methoden nachzudenken. In diesem Erklärvideo nutze ich die Methode des Hausbaus, um zu erklären, warum eine durchdachte Planung auch im Training wichtig ist. Auch die Metapher des Kochrezepts bringt den Grundgedanken der Planung gut auf den Punkt.

Erklärvideo: Trainingsdesign, CC Margret Steixner

Das didaktische Sechseck im Allgemeinen

Das didaktische Sechseck ist ein Modell, das dem Trainingsdesign zugrunde liegt. Dieses umfasst die grundlegenden Aspekte, die bei der Planung beachtet werden sollen. Die einzelnen Ecken des Sechsecks stehen nicht für sich allein, sondern sind miteinander verbunden und immer gemeinsam zu denken. So können die Inhalte nicht ohne Lernziele entschieden werden, die Methoden nicht gewählt werden ohne die räumlichen Gegebenheiten oder den zeitlichen Rahmen zu kennen.

Jede Ecke  fordert zum Stellen gezielter Fragen auf. In Seminaren wie der Toolbox A erarbeiten wir diese Fragen gemeinsam mit den Teilnehmer*innen. Hier ein kleiner Einblick in die Ergebnisse.

Beispiel: Didaktisches Sechseck

Als Leser*in stellst du dir wahrscheinlich die Frage:

  • Aber wie gehe ich konkret vor?
  • Wie nütze ich das didaktische Sechseck?
  • An welcher Ecke des didaktischen Sechsecks beginne ich mit der Planung?

1. Die Zielstruktur

Aus meiner Erfahrung hilft es, die Lernziele als zentralen Orientierungspunkt und auch Startpunkt des Planungsprozesses zu sehen. Zur Schaffung der Zielstruktur formulieren wir klare Lernziele. Dazu gibt es mehrere Wege. Bereits in der Auftragsklärung sollte klar werden, welcher Trainingsbedarf hinter dem geplanten Seminar steckt, sprich welche Ziele die Teilnehmer*innen erreichen und was sie am Ende des Seminars können sollen. Im Gespräch mit den Auftraggeber*innen kann deutlich werden, dass diese selbst noch wenig darüber nachgedacht haben und den Bedarf sehr an den Sachthemen aufgehängt haben. In dem Fall ist es wichtig, dass wir als Trainer*innen die richtigen Fragen stellen, um herauszufinden, welche Fähigkeiten für die Teilnehmer*innen in der Praxis wichtig sind und was sie am Ende können sollen. Idealerweise trete ich auch mit den Teilnehmer*innen in Kontakt, um herauszufinden, ob sich die Ziele mit ihrem Bedarf decken. Warum Lernziele so wichtig sind und wie diese formuliert werden können, darum geht’s dann im nächsten #dimi_06, gleich nach der Sommerpause.

2. Die Inhaltsstruktur

Sind die Lernziele klar, fällt die Entscheidung, welche Inhalte und Wissensbereiche im Seminar erarbeitet werden müssen und welche ich getrost aussortieren kann, meist leichter. Die Reduktion schaffe ich erst, wenn ich die Lernziele, aber auch die Zielgruppe im Fokus behalte. Meist gilt die einfache Faustregel: Weniger ist mehr. Die Lernqualität steigt, wenn ich es schaffe, mich auf das Wesentliche zu konzentrieren und den zentralen Inhalten genügend Zeit zur umfassenden Erarbeitung durch die Teilnehmer*innen zu geben. Dazu mehr im #dimi_07. Hier gibt’s übrigens eine Checkliste zur Seminarplanung.

3. Die Handlungsstruktur

Unter Handlungsstruktur ordnen wir alle Fragen unter, die das WIE des Lernens betreffen. Wie gestalte ich den Trainingsablauf? Welche Methoden kann ich nutzen, um die Teilnehmer*innen beim Erreichen der Lernziele zu unterstützen? Welche Methoden passen zur Zielgruppe? Gehen wir wie in #dimi_03 beschrieben – davon aus, dass Lernen ein aktiver Prozess ist. Dann geht es bei den Handlungsstruktur um Überlegungen, wie ich als Trainer*in Lernräume schaffen kann, in denen sich die Lernenden intensiv mit den Lerninhalten auseinandersetzen. Beispielsweise kann ich eine Fallanalyse planen, in der die Teilnehmer*innen aktuelle Zeitungsartikel zu einem gewerkschaftlichen Anliegen anhand bestimmter fachbezogener Kriterien analysieren oder selbst eine „Flammende Rede“ zum Thema 60 Stunden Woche halten. Methoden unterstützen den Prozess der Wissensaneignung, unterbrechen die eingleisige Vermittlung von Wissen und helfen, dass das Wissen verankert und in die eigene Praxis transferiert werden kann. 

4. Die Sozialstruktur

Neben der Handlungsstruktur ist auch die Sozialstruktur oft auch Sozialform genannt, ein wichtiges Kriterium in der Planung des Lernprozesses. Besonders bekannt sind die Grundformen wie Kleingruppe oder Gesamtgruppe. Beim Einsatz von Kleingruppen denke ich in der Planung genauer über die Gruppengröße, aber auch über die Zusammensetzung der Gruppe nach. Ich stelle mir die Frage, ob es für die jeweilige Aufgabe sinnvoller ist, Personen mit unterschiedlichen Vorkenntnissen zusammenzubringen, ob ich die Zuordnung zu einer Gruppe den Teilnehmer*innen überlasse oder ob es Sinn macht, die Gruppeneinteilung an bestimmten Kriterien festzumachen. #dimi_14 befasst sich ganz spezifisch mit dem Thema Gruppenarbeiten. Ganz generell kann gesagt werden, dass es dem Lernprozess zuträglich ist, unterschiedliche Sozialformen zu nutzen und ein wechselndes Lernsetting anzubieten. Auch Einzelarbeitsphasen sollten nicht vergessen werden. Gerade für Lernende, die eher introvertiert sind, können Einzelaufgaben hilfreich sein. Gebe ich den Lernenden die Zeit, sich individuell mit einem Thema zu befassen, beobachte ich, dass sich ruhigere Teilnehmer*innen in der Folge häufig aktiver in die Diskussion einbringen.

5. Die Zeit- und Prozessstruktur

Weitere Planungselemente sind die Zeit- und Prozessstruktur. Die Zeitstruktur bezieht sich auf die Frage der Gesamtdauer, aber auch auf die Länge der Lerneinheiten. Ist das Training eine Einzelveranstaltung oder eingebunden in einen längeren Lehrgang? Diese Aspekte entscheiden darüber, ob ich z.B. mit einer Wiederholung beginne oder wieviel Zeit ich veranschlage, damit sich die Teilnehmer*innen kennenlernen und Vertrauen ineinander gewinnen können. Auch das Planen von ausreichenden Pausen sollte nicht vergessen werden.

6. Die Raumstruktur

Die Raumstruktur scheint ein relativ klarer Begriff zu sein. In der Planung eines Seminars ist es wichtig, über die Rahmenbedingungen Bescheid zu wissen, z.B. wie groß ist der Raum, wie ist dieser bestuhlt oder wieviel Flexibilität besteht im Umstellen des Raumes. Diese Fragen sind natürlich immer auch in Hinblick auf die gewählten Lernmethoden zu beantworten. Relevant ist auch die Frage, ob weitere Gruppenräume oder bspw. Kaffeenischen oder einen Gartenbereich gibt, der für das Training genutzt werden kann.

Ein Trainingsdesign ist nicht mehr und nicht weniger als ein strukturiertes Planungstool, in dem die Ebenen des didaktischen Sechsecks aufgegriffen werden. Hier findest du verschiedene Vorlagen. Praktisch finde ich die Version mit Zeitformel, die das „Herumtüfteln“ und Abändern erleichtert.

Eine gut durchdachte Planung ist ein Werkzeug der Qualitätssicherung. Es ist aber auch eine Art „Drehbuch“, in dem ich alle nötigen Regieanweisungen notiere. Dies ist besonders hilfreich, wenn ich nicht alleine, sondern im Team trainiere oder auch ein Seminar mal spontan von jemand anderem übernommen werden muss. Außerdem kann ich mir Notizen darüber, was gut und was nicht so gut funktioniert hat, während oder nach dem Training notieren – dann bin ich auch schon wieder gerüstet für den nächsten Trainingseinsatz.

Ich wünsche allen Leser*innen einen schönen und erholsamen Sommer. Ich freue mich auf die weiteren Beiträge im Herbst.

Lust zum Weiterlesen?

  • Allespach, Martin; Meyer, Hilbert; Wentzel, Lothar (2017): Politische Erwachsenenbildung. Ein subjektwissenschaftlicher Zugang am Beispiel der Gewerkschaften. 2. Auflage. Marburg: Schüren.
  • Langheiter, Anna (2018): Trainingsdesign. Wie Sie gut durchdachte, lebendige und passgenaue Weiterbildungskonzepte entwickeln. Bonn: managerSeminare Verlags GmbH (Edition Training aktuell).
  • Reinmann, Gabi (Hg.) (2015): Didaktisches Design. Studientext. Universität Hamburg, zuletzt geprüft: 18.6.2021. Hier online abrufbar.

Genannte (und auch andere) Bücher können HIER im Webshop des ÖGB-Verlags versandkostenfrei bestellt werden.

Autorin: Margret Steixner

English version

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