Es geht auch ohne – sogar online
Der Umzug kam schnell: Das Seminar Beyond PowerPoint – Ein Tag für Präsentations-Vielfalt als Teil III der diesjährigen Trilogie mit Michael Ziereis und Ulli Lipp fand online statt. Mut machen und Anleiten zum Arbeiten mit Stift und Farbe während alle allein vor dem Rechner sitzen? Kann das gutgehen? Es ging. Hier Beispiele aus dem Seminar zum Nachmachen.
Beyond-Werkzeug „händisch“
Statt dem schönen bayerischen Wort „händisch“ ( = alles, was mit der Hand gemacht wird) wollten wir zuerst „analog“ schreiben. Das passt aber nicht, denn das ganze Seminar fand online, also digital, statt. Aber auch da war das meiste, was an Medien verwendet wurde, „händisch“ hergestellt. Papier und Filzstifte in verschiedenen Farben sind das Grundwerkzeug zur Vorbereitung von Präsentationen ohne PowerPoint. Dazu gab es einige Tipps und viele praktische Übungen. Die Ergebnisse wurden ganz einfach in die Kamera gehalten.
Basic-Tipps zum Schreiben auf Papier
Beim Schreiben konnten wir uns kurz halten, da gab es schon Erfahrungen. Hier die Basic-Schreib-Tipps in einem Bild und unten das Ergebnis der Übung: Was schmeckt euch partout nicht?
Michaels Malwerkstatt
Das Zeichnen und Malen lief „fast wie im richtigen Seminar“ auch online: Vormachen, nachmachen, zeigen. Das Üben zahlte sich aus, es entstanden zahlreiche Skizzen. Wer die Visualisierungsfähigkeiten vertiefen möchte, findet in der Blogreihe #visdo Anregungen, zum Beispiel für Gesichter oder Bewegung.
Gegenstände und Requisiten
Schon in den vorausgegangenen Trilogietagen spielten Gegenstände, die in die Kamera gehalten wurden, eine wichtige Rolle. Neben vorbereiteten A4 – oder A3-Plakaten können das alle möglichen Gegenstände sein. Am ersten Trilogietag waren das ein brennendes Streichholz und Stroh. Der Funke der Begeisterung kann nur überspringen und entflammen, wenn da etwas ist, das auch brennt.
Ein anderes Beispiel: Nicht auf den Input, das Futter (echte Körner, die vor das gezeichnete Huhn gestreut werden) kommt es an, sondern auf das, was hinten raus kommt, den Output, die Eier.
Tipps für’s Flipchart-Teaching
Flipchart-Teaching nennen wir kurze Vorträge, die als Medium das Flipchart benutzen. Die Referent*in steht mit dem Flipchart, das vielleicht noch ganz leer ist, vor der Gruppe und informiert. Da hat PowerPoint natürlich Pause. Nach Regeln zur Flipchart-Gestaltung gab es vier Tipps. Geplant war das auch als Beispiel für Flipchart-Teaching im Online-Training, also einfachste Visualisierungen, die in die Webcam gehalten und zusätzlich erklärt werden. Letzteres musste wegen ohrenbetäubenden Krachs vor Michaels Büro wegfallen. So gab es eine Premiere: Flipchart-Teaching ohne Worte mit 5 DIN A4-Blättern. Ging auch!
Übung, Übung, Übung
Der ganze Tag lebte vom Üben und Ausprobieren. Ganz kurze Anwendungen und Präsentationen z.B. „60 Sekunden über den Heimatort“ mit späterem Memory-Test („Was fällt euch als Erstes wieder ein?“). Ein Highlight waren fünfminütige Präsentationen mit eigenen Inhalten – natürlich ohne PowerPoint. Die Ergebnisse waren umwerfend: Mit Playmobilfiguren und Papier im Postkartenformat wurde Arbeitsrecht vermittelt. Zwei in die Kamera gehaltene A3 Kartons reichten für einen Vortrag über Digitalisierung. Wenige A4-Blätter waren Visualisierung zu einer Info über Social Media. Auch mit miro und einem Smartphone (als zusätzlicher Teilnehmer in BigBlueButton) wurde erfolgreich experimentiert. Was alle diese 5-Minuten-Lehrexperimente verband: Medium Nummer eins war die Referent*in. Hier einige Beispiele aus den Visualisierungen.
Eine Liebeserklärung statt PowerPoint Bashing
Wir reihen uns nicht ein, wenn auf PowerPoint eingedroschen wird und das Medium fast für alles Übel in der Welt verantwortlich gemacht wird. PowerPoint wird die Schuld gegeben für das Verglühen der Raumfähre Columbia, für die Unaufmerksamkeit von Zuhörer*innen in einer PowerPoint-Monokultur, für nicht effektive Schulungen und, und, und. Im Seminar gab es im Gegenteil eine „Liebeserklärung an PowerPoint“:
… vor Corona hatten wir uns etwas aus den Augen verloren. Aber, als ich dich brauchte, warst du wieder für mich da. Du warst meine Rettung bei desinteressierten schwarzen Kacheln im Meeting. Du hast mir alle Werkzeuge an die Hand gegeben, um auch das zu meistern …
Natürlich hat PowerPoint (oder so wie PowerPoint oft eingesetzt wird) Schwächen. Diese fanden unsere Teilnehmer*innen:
Beyond PowerPoint digital
Digitale Whiteboards erlauben Live-Visualisierungen während der Präsentation. Die Qualität der Whiteboards ist sehr unterschiedlich. Eine Plattform wie miro ist ganz vielseitig zu gestalten, auch von mehreren Teilnehmer*innen gleichzeitig. Das Whiteboard von BigBlueButton hat dagegen nur eingeschränkte Möglichkeiten und ist weniger flexibel.
PowerPoint-„Konkurrenz“-Produkte wie Prezi können (wie PowerPoint) sehr viel, erlauben es, in Visualisierungen hinein zu zoomen und sind fast beliebig gestaltbar. Man muss sich mit den Funktionalitäten auseinandersetzen und sich Zeit nehmen, um rumzuprobieren. Ein Teilnehmer zeigte uns eine Präsentation aus einem Planspiel mit Prezi gestaltet.
Die Tischkamera erleichtert das Präsentieren und Moderieren. Sie ist auf eine Fläche auf dem Tisch gerichtet. Wir schreiben, zeichnen, zeigen Gegenstände, wie oben das Ei oder vorbereitete Karten und alles wird live per Beamer (oder Flatscreen) präsentiert, wenn wir in Präsenz arbeiten, oder eben auf die Bildschirme, wenn wir im online-Modus sind. Zur Not lässt sich so eine Tischkamera auch mit einer einfachen Webcam improvisieren.
In großen Räumen und bei vielen Menschen ist ein Flipchart und selbst eine Pinnwand oft zu klein. Die Tischkamera macht es möglich, eine kleine Zeichnung riesengroß und live zu projezieren. Wie du die Tischkamera gut einsetzen kannst, kannst du im #visdo_34 nachlesen.
Was mit PowerPoint auch geht
Vieles geht ohne PowerPoint. Trotzdem wollen wir nicht darauf verzichten. Beim schnellen Umstieg dieser Trilogietage von Präsenz auf Online waren wir froh, die schon für die Pinnwand vorbereiteten Zeichnungen als Fotos in eine PowerPoint-Präsentation packen zu können. Manchmal kommt eine Präsentation fast ohne Worte aus. So entstehen PowerPoint-Comics. Wie Zeichnungen und Bilder am einfachsten in eine PowerPoint-Präsentation kommen, zeigt der REFAK-Blogbeitrag „Vom Papier auf den Bildschirm„.
Es gibt das Dreamteam PowerPoint und Aktivierung. Wir haben eine ganze Menge an „Aktivierungsinseln“ zusammengetragen, die Zuhörer*innen aus dem Zustand des passiv Zuhörens herausreißen und zum Nachdenken bringen. Eine kleine Auswahl solcher Aktivierungen mit PowerPoint wurde im Seminar vorgestellt.
Unser Fazit
Das Seminar planten wir ursprünglich als Präsenzkurs. Nach dem „Umzug“ stellten wir fest: Wir mussten kaum Abstriche machen. Fast alles, was wir für den lange nicht gesehenen Seminarraum im zweiten Stock im Bildungszentrum der AK in Wien vorbereitet hatten, konnten wir auch online zeigen. Umgekehrt hoffen wir, dass das meiste, was wir an diesem Online-Tag erarbeitet und ausprobiert haben, auch im Präsenztraining einsetzbar ist.
Autoren: Michael Ziereis und Ulli Lipp
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