Moderationskoffer Internet

Praxisworkshop zur Digitalisierung der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit

29.11. – 01.12.2023
Trainer: Guido Brombach, Thomas Kreiml

Wie können digitale Tools sinnvoll ins Seminar integriert werden? Welche digitalen Tools sind für welche Zwecke vor, in und nach Seminaren geeignet? Und muss die Integration digitaler Tools in Bildungsprozessen einen Mehrwert haben? Das waren wesentliche Fragen, die uns während des Praxisworkshops „Moderationskoffer Internet“ beschäftigten.

Unser konkretes Ziel für den Workshop war es, dass die Teilnehmer:innen digital gestützte Methoden in ihre Seminare einbauen bzw. ihre Seminare nach eigenem Interesse und Dafürhalten um digitale gestützte Methoden erweitern können.

Neben der Notwendigkeit und dem Interesse, verschiedene Tools kennenzulernen und auszuprobieren, ist eine entscheidende Voraussetzung dafür, sich mit Grundbegriffen und Bedingungen digitaler Bildung zu beschäftigen.

In unserer Herangehensweise steht ein grundlegendes Lernziel des Workshops im Mittelpunkt: Beteiligungsorientierung – wir beginnen bei den Interessen und beim Bedarf der Teilnehmer:innen und arbeiten mit Praxisübungen und Reflexionsschleifen.

Seminarinfrastruktur für die Workshopgruppe

Nach dem Erstellen von Teilnehmer:innenprofilen als Grundlage für die Vorstellungsrunde geht es weiter zu den Interessen und dem Bedarf der Teilnehmer:innen in Bezug auf das Workshopthema.

Padlet mit den Teilnehmer:innenprofilen
Interessen und Bedarf rund um das Workshopthema via oncoo.de:

Für das weitere Lernen und Arbeiten im Seminar wird anschließend eine gemeinsame Infrastruktur in Form eines kollaborativen Protokolls via Etherpad eingerichtet. Hier landen alle Links und Infos, die im Laufe des Seminars eine Rolle spielen und die die Teilnehmer:innen für Einzel- sowie Gruppenaufgaben an ihren eigenen Geräten und das Ausprobieren von Apps und Anwendungen benötigen.

Wie kommt Technologie in die Bildung?

Nach dem Erwartungs- und ersten Erfahrungsaustausch sowie dem ersten Einrichten von Accounts als Eintrittskarte für die Nutzung von Onlinewerkzeugen, diskutieren wir das Verhältnis zwischen analog und digital.

Ausgehend von der Diskussion auf Basis der Überlegungen der Teilnehmer:innen werden die „6 Naturgesetze des Digitalen“ (siehe „Grundbegriffe zeitgemäßer Bildung“) präsentiert. Diese sollen verdeutlichen, warum „Digitalität“ eine grundlegende Transformation von Bildung darstellt. Jedes der 6 Naturgesetze ändert die Art und Weise, wie Menschen lernen im Vergleich zu unseren analogen Gewohnheiten fundamental – das heißt in einer Weise, die mit Kategorien des Gewohnten und Bekannten der analogen Welt im Grunde nicht hinreichend beschreibbar sind:

  1. Public by default
  2. Copy by default
  3. Durchsuchbar
  4. Raum- und Zeitsouverän
  5. Vernetzt/verlinkt
  6. Berechenbar

Tools, Tools, Tools

Nach diesen Einführungen und Auseinandersetzungen mit grundlegenden Aspekten der Digitalisierung wenden wir uns wieder dem praktischen Tun zu: wir erkunden Schritt für Schritt Tools und probieren sie aus. Dabei orientieren wir uns an der „Landkart Digitale Tools“ und weisen an dieser Stelle auch auf den „Digitalen Donnerstag“, die #dido-Beitragsserie im REFAK-Blog hin.

Spätestens beim Einrichten und Ausprobieren des zweiten Werkzeugs in unserem „Moderationskoffer Internet“ wird allen Beteiligten eine wesentliche Funktionsweise des Internets hinsichtlich der Nutzung von Onlinetools deutlich vor Augen geführt: Die Grundvoraussetzung ist in aller Regel der möglichst reibungslose Umgang mit persönlichen Accounts, die quasi die Eintrittskarte zur Nutzung sind. Emailadressen und sichere (!) Passwörter gut organisiert und verfügbar zu haben, ist eine grundlegende digitale Kompetenz. Da wir im Digitalen viele Passwörter verwalten müssen, ist ein Passwortmanager die zur Zeit sicherste Lösung zur Verwaltung der unterschiedlichen Zugänge. Hier ist unser Tipp, etwa mit Lastpass zu arbeiten.

„Tools, Tools, Tools“ lautet in dieser Seminarphase unser Motto, dem wir in Form des Präsentierens und unmittelbaren Ausprobierens folgen. Beim Ausprobieren sind wir unterstützend zur Stelle und beantworten auftretende Fragen. Während wir im Sinne der Teilnehmer:innenorientierung je nach geäußertem Bedarf in der Gruppe einige der Tools eher nur streifen, vertiefen wir das Üben und Erarbeiten anderer. Auf dem digitalen Menü der Teilnehmer:innen stehen diesmal:

Aneignungspraxen, Mindset und Kontextbedingungen

In der Reflexion der Übungsschleifen beschäftigen uns Fragen der Umsetzbarkeit und des Aufwands. Dabei fällt die Neigung auf, nach dem Mehrwert des Einsatzes digitaler Tools in Bildungsprozessen zu fragen und abzuwägen, ob die Nutzung im Vergleich zu gwohnten („analogen“) Methoden in der Bildungsarbeit überhaupt Sinn macht.

Die Diskussionen zu diesen Fragen münden in mehreren Zwischenergebnissen:

  • Bei der Beantwortung, ob digitale Tools und Medien in der Bildung eingesetzt werden, geht nicht um ein Entweder-Oder, sondern um ein Sowohl-Als-Auch und das zunächst auf Basis subjektiver Aneignungen und Lernerfahrungen mit diesen Tools und Medien.
  • Die Digitalisierung und die Anwendung digitaler Möglichkeiten fordern Lernbereitschaft und einen explorativen Zugang mit der entsprechenden Fehlerkultur (kurz zusammengefasst: mit den gewohnten Kategorien richtig versus falsch kommt man nicht weit).
  • Die Frage nach dem Mehrwert des Einsatzes digitaler Tools, an die auch Überlegungen nach dem Aufwand, sich digitale Tools für die methodische Umsetzung geknüpft sind, ist irreführend. Sie ist in einem Denken bisheriger Muster und Logiken verhaftet, die durch die Digitalisierung bereits und auch in Hinkunft fundamental in Frage gestellt bzw. durchbrochen werden: „Während auf der einen Seite der Aufwand für digitale Medien möglichst gering gehalten werden soll, gilt es als selbstverständlich, mit erheblichem Aufwand die traditionellen Techniken (insbesondere Handschrift und Lesen) zu erlernen, ohne dass explizite Mehrwert-Rechnungen angestellt werden. Und schließlich wird in der Argumentation vergessen, dass die negativ konnotierte Kategorie des Aufwands auch positiv als Lernprozess beschrieben werden kann“ (Axel Krommer: Wider den Mehrwert! Oder: Argumente gegen einen überflüssigen Begriff).
  • Die Möglichkeiten, die Digitalisierung in Bildungsprozessen zunehmend kompetent, fluide bzw. authentisch und vielleicht sogar „elegant“ (so ein Teilnehmer im Workshop immer wieder wörtlich) zu nutzen, stehen in unmittelbarem Zusammenhang damit, wie die digitale Transformation in Organisationen gestaltet und als essentieller Entwicklungsprozess organisiert wird. Hier sind die Grenzen und Hindernisse, die einer kooperativen Kultur in den Weg gelegt werden in aller Regel noch um ein Vieles verbreiteter und höher als Praxen der Überwachung und Kontrolle, für die digitale Möglichkeiten eingesetzt werden. Kurz: die Potenziale der Digitalisierung werden vor allem im Sinne einer Humanisierung von Arbeit (auch Bildungsarbeit) noch keineswegs ausgeschöpft (vgl. dazu auch Thomas Kreiml: #dido42:_ Die Organisation in den Blick nehmen).

Eigene digitale Methode entwickeln

Der Lernprozess im Seminar führte die Teilnehmer:innen nach der Beschäftigung mit grundsätzlichen Überlegungen, dem Sammeln von Erfahrungen im praktischen Umgang mit verschiedenen Tools und den vertiefenden Reflexionsschleifen zur Aufgabe, eine eigene digitale Methode zu entwickeln.

Ob Actionbound in der Gewerkschaftsschule zur Bearbeitung von Gesellschaftstheorien und Machtverhältnissen oder Concept Board und Wortwolken für das Kennenlernen von Teilnehmer:innen untereinander – ihr dürft gespannt bleiben, ob bzw. welchen digitalen Tools ihr bei eurer nächsten Kurs- oder Seminarteilnahme begegnet. Fest steht: Smartphones griffbereit zu haben zahlt sich aus (neue Kulturtechnik!). Und: probieren geht über studieren.

Linksammlung zum Workshop

Autoren: Thomas Kreiml und Guido Brombach

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