Seminardokumentation: Gewerkschaftliche Erwachsenenbildung – What´s that?

… das REFAK Grundlagenseminar

15.11.2017 – 17.11.2017
Trainerinnen: Elisabeth Steinklammer und Philip Taucher
Special Guest: Sabine Letz

Worum ging´s?

Unsere Seminarthemen

Unsere Seminarthemen

  • Zielgruppe: Wer sind eigentlich die TeilnehmerInnen in der Gewerkschaftlichen Erwachsenenbildung?
  • Bildungsbedarf: Was sind die Inhalte gewerkschaftlicher Bildungsarbeit?
  • Gewerkschaftliche Erwachsenenbildung gestern – heute – morgen: Wie hat sich gewerkschaftliche Bildungsarbeit in Österreich entwickelt? Wie ist sie heute strukturiert und in die Erwachsenenbildungs-Landschaft eingebettet?
  • Wann, wo und wie findet Lernen im gewerkschaftlichen Umfeld statt?
  • Was sind die Ziele unserer Bildungsarbeit? Wie kann, soll, will GEB zur Gewerkschaftsbewegung und damit zu einer besseren Zukunft beitragen?
  • Ziele in Lernergebnisse gießen: Wie können diese Ziele in unserer täglichen Bildungsarbeit berücksichtigt werden? Was müssen unsere TeilnehmerInnen konkret wissen, können, welche Haltungen wollen wir fördern?
  • Wie sehen wir die Rollen von Lehrenden und Lernenden?
  • Was müssen wir alles für einen gelungenen Lernprozess beachten/ aufeinander abstimmen?

Doppeldecker!

Neben der gemeinsamen Arbeit an diesen Fragestellungen haben wir immer wieder reflektiert wie wir die Themen bearbeitet haben. Wie und warum setzten wir bestimmte Methoden ein, um ein Lernziel zu erreichen? Welche didaktischen Überlegungen liegen dem zugrunde? Was gilt es beim Einsatz dieser Methoden jeweils zu beachten?

Das Wichtigste zuerst: Wer sind unsere TeilnehmerInnen? Und was wollen sie lernen?

Ein kurzer Film über eine Betriebsratssitzung wird von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern in zwei Dimensionen analysiert:
a) Was trennt, was vereint die Personen/die Gruppe? (Zielgruppenanalyse)
b) Welchen Bildungsbedarf haben die einzelnen Personen bzw. die ganze Gruppe? (Bedarfsanalyse)

Die Zielgruppen der gewerkschaftlichen Erwachsenenbildung setzen sich vielfältig zusammen. Sie bringen sehr unterschiedliche Bildungshintergründe, berufliche und private Erfahrungen mit, kommen aus allen möglichen Berufs-, Alters-, Herkunftsgruppen. Diese Vielfalt drückt sich auch in ungleichen Machverhältnissen zwischen Geschlechtern, nach sozialer Herkunft usw. aus. Für TrainerInnen der gewerkschaftlichen Erwachsenenbildung stellt das eine besondere Herausforderung dar, weshalb im Rahmen der REFAK immer wieder Seminare zum Umgang mit heterogenen Gruppen angeboten werden – zum Beispiel das Seminar „Herausforderung Bildungshintergründe“ oder „Seminar für Alle„.

Gewerkschaftliche Erwachsenenbildung gestern – heute – morgen

Die Gewerkschaftsbewegung ist in Österreich im 19. Jahrhundert aus Arbeiterbildungsvereinen entstanden und war somit immer schon eine Bewegung, in der Bildung zur Selbstermächtigung umgesetzt wurde.

Kannst du die Namen den richtigen Fotos zuordnen?

Impressionen aus der Geschichte der Gewerkschaftlichen Bildung in Österreich

Gewerkschaftliche Erwachsenenbildung in Österreich

Der VÖGB

Der VÖGB

Der Verband Österreichischer Gewerkschaftlicher Bildung ist juristisch ein Verein. Die inhaltliche Steuerung der Bildungsarbeit des VÖGB erfolgt in Lenkungsausschuss und Bildungsrat. Der Lenkungsausschuss wird von den BildungssekretärInnen der Gewerkschaften gebildet, der Bildungsrat aus VertreterInnen der Arbeiterkammern sowie der ÖGB BildungssekretärInnen der Länder.

HIER geht es zu den Ansprechpersonen in der VÖGB Zentrale. Alle anderen Ansprechpersonen findest du am Ende des VÖGB/AK Bildungsangebots.

 

Wann, wo und wie lernen wir?

Lernorte (gewerkschaftlicher) Erwachsenenbildung

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Informelles Lernen: Darunter verstehen wir Lernen, das im Alltag – also am Arbeitsplatz, in der Familie, bei der Ausübung eines Hobbys, dem Besuch von kulturellen Veranstaltungen, beim Lesen, Fernsehen… – stattfindet. Es ist nicht als Lernprozess organisiert und strukturiert und wird auch oft gar nicht als „Lernen“ wahrgenommen.

Formelles Lernen: Darunter verstehen wir Lernen, das im Rahmen von Aus- und Weiterbildungseinrichtungen stattfindet. Unterschieden wird dabei noch in das formale Lernen (zielgerichtet, festgelegte Curricula, zumeist in anerkannten Bildungseinrichtungen, offiziell anerkannter Abschluss) und das non-formale Lernen (zielgerichtet, zumeist in Kursen, Seminaren etc., keine allgemein anerkannte Zertifizierung). Weitere Infos findest du z.B. hier bei erwachsenenbildung.at.

 

 

Wann lernen wir?

Das Lernzonenmodell benennt drei Zonen, je nachdem wie herausfordernd Aufgaben oder Erlebnisse von Menschen wahrgenommen und unter welchen Bedingungen sie (nicht) bewältigt werden können. In der Komfortzone bewegen sich Lernende in der Sicherheit des Altbekannten, Sicheren, Bequemen, in der sie sich wenig weiter entwickeln. In dieser Zone können Einzelne die ihnen gestellten Aufgaben alleine bewältigen. Dem gegenüber steht die Zone der Überforderung oder Panikzone. In diese Zone geraten Lernende, wenn sie mit einer Situation oder Aufgabe überfordert sind, vielleicht sogar Angst, Ohnmacht oder Hilflosigkeit verspüren. In der Zone der Überforderung können sie die Aufgabe auch mit Unterstützung/ unter Anleitung nicht lösen. Spannend wird es zwischen diesen beiden Zonen: In der Zone der Entwicklung bzw. Wachstumszone. Lernende verlassen hier Sicheres, Gewohntes und lassen sich auf eine Herausforderung ein, ohne gleich überfordert zu sein. Sie können die ihnen gestellten Aufgaben mit Unterstützung lösen. Hier findet der meiste Lernfortschritt statt und unsere Aufgabe als Lehrende/BegleiterInnen besteht darin, Möglichkeiten und  Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen die Lernenden Schritt für Schritt ihre Wachstumszone und Komfortzone ausweiten können.
Eine frisch gewählte Betriebsrätin mag vielleicht anfangs mit der Verhandlung einer neuen Betriebsvereinbarung völlig überfordert sein. Durch Verhandlungstrainings, Information und Unterstützung durch Gewerkschaft und Belegschaft etc. gelangt sie in die Lage, sich im Tun weiter zu entwickeln, zu lernen. So wird die Situation, die anfangs völlig überfordert, irgendwann zur sicheren Routine.
Das Lernzonenmodell ist heute vor allem in der Erlebnispädagogik bekannt, in der Lernen durch eigenes Erleben und Erfahren vermittelt wird. Es hat den Vorteil, dass es auf Lernprozesse in allen möglichen Lebenslagen angewendet werden kann. Wissenschaftlich basiert das Lernzonen Modell auf Konzepten der russischen Sozialpsychologie, insbesondere Lev Vygotsky.

Grundsätzlich gehen wir von einem subjektwissenschaftlichen Lernbegriff aus. Das heißt, Personen lernen immer aus ganz individuellen Gründen. Ein Grund entsteht, wenn ein Handlungsproblem auftritt und man erwarten kann, das Problem durch Lernen lösen zu können. Zum Nachlesen empfehlen wir das Buch „Politische Erwachsenenbildung“ von Martin Allespach, Hilbert Meyer und Lothar Wenzel, Seite 57-61.
Für unsere Bildungsarbeit heißt das: Lernfelder müssen immer mit den Arbeits- und Lebensinteressen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer verknüpft sein. Erst dann kann expansives Lernen stattfinden – darunter versteht Klaus Holzkamp, dass Personen selbstbestimmt und entsprechend ihrer subjektiven Lerngründe lernen und dadurch ihre Handlungsfähigkeit erweitern und ausbauen. Defensives Lernen dient hingegen nur zur Abwehr von etwas (Verlust des Arbeitsplatzes zum Beispiel) oder zur Vermeidung von Sanktionen.

Ziele gewerkschaftlicher Bildungsarbeit

Einstieg ins Thema: Wortpuzzle
…aus einzelnen Worten sollen zwei Zitate zusammengefügt werden und die Frage stellt sich: Was haben die Zitate mit gewerkschaftlicher Erwachsenenbildung zu tun?

HIER gibt es weitere Zitate rund um das Thema Bildung.

Was sind eigentlich Ziele unserer Bildungsarbeit?

Wir überlegen mit der Methode 1-2-3:

  1. Jede und jeder überlegt alleine.
  2. In Kleingruppen werden die Ziele diskutiert – jede Gruppe einigt sich auf die drei wichtigsten Ziele.
  3. Zurück in der großen Gruppe werden die Ziele neuerlich diskutiert – die gesamte Gruppe einigt sich auf vier gemeinsame Ziele.

Unsere vier wichtigsten Ziele:

  • Solidarität
  • Gewerkschaftsidee verbreiten
  • Politische Aktivierung
  • Bewusstsein für Vielfalt und Machtverhältnisse

 

Und was heißt das für die Lernergebnisse?

Was müssen unsere TeilnehmerInnen in jedem Seminar, bei jeder Veranstaltung (unabhängig vom eigentlichen Thema) nach der Bildungsveranstaltung wissen, können und welche Haltungen sollten sie vertreten?

 

Lehrende, Lernende und ihre Rollen

Lehrende und Lernende – welches Wissen, welche Haltungen und Einstellungen, welches Handwerkszeug und welches Fundament brauchen sie, um gut lernen und lehren zu können?

Was Gewerkschaftliche Erwachsenenbildung ist, welche Ziele wir verfolgen und welche Angebote wir haben ist gar nicht so leicht zu erklären. Dinge leicht verständlich auf den Punkt bringen zu können ist aber in jeder Bildungsarbeit wichtig! Ein Trick ist, sich dabei eine konkrete Person vorzustellen – in unserem Fall: Erklär´s Mundl!
Wenn das noch nicht so gut gelingt: Das BMASK hat gemeinsam mit dem Netzwerk Leichte Sprache den Ratgeber Leichte Sprache veröffentlicht! Ein hilfreiches Online-Werkzeug, um zu Überprüfen, wie schwierig oder einfach dein Text ist, findest du hier.

Lernprozess gestalten

Am letzten Vormittag haben wir uns mit Lernprozessen auseinandergesetzt.

Dimensionen der Lernprozessgestaltung

Dimensionen, die du bei der Lernprozessgestaltung beachten und aufeinander abstimmen solltest. (Allespach et. al, Seite 93ff.)

 

Wir stellten uns die die Frage: Wie müssen wir ein Seminar gestalten, damit die Erreichung unserer Ziele unterstützt wird? Mitdenken müssen wir dabei immer: Wir haben sehr bunt gemischte Gruppen – unterschiedliche Alter, Bildungshintergründe, Branchen, Gewerkschaften, Herkunftsländer… „Schrauben“, an denen wir drehen können, sind neben den konkreten Zielen die Grunddimensionen der Lernprozessgestaltung (auch hier empfehlen wir zum Weiterlesen Allespach et. al, Seite 93ff.):

  • Sozialformen und Methoden
    Arbeiten in Kleingruppen, lebendige Diskussionen, Methoden, die alle TeilnehmerInnen aktiv mit einbeziehen…
  • Raum
    Genug Platz z.B. für Aufstellungen, gute Einrichtung mit Flipcharts, Pinwänden, Stiften, Kärtchen etc…, vielleicht gibt es auch einen Park oder Ähnliches, den man nutzen kann…
  • Zeit
    Aktive Methoden und vor allem Diskussionen brauchen viel Zeit! Daher immer genug Zeit einplanen und Teile ins Seminardesign einbauen, die man ggf. weglassen kann.
  • Inhalte
    Nachdem aktive Auseinandersetzung Zeit braucht gilt hier: Weniger ist mehr!
  • Haltungen
    Wie begegnen wir uns als Lehrende und Lernende?

Abschließend einige Eindrücke aus dem Seminar:

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