Schon mal Gegenmacht trainiert?

Eine kleine Nachlese

Gegenmacht
cc: Philip Taucher

Die „Machtfrage‟ steht von jeher im Mittelpunkt gewerkschaftlicher Bildung. Veränderung gibt es bei der Spielanlage auf dem Spielfeld der Macht. Lange glich der Interessenausgleich einem Freundschaftsspiel mit Fairplay. Nun läuft er wie auf einer schiefen Ebene, gegen Überzahl und mit parteiischem Schiedsrichter*innen. Es heißt nun, Gegenmacht aufzubauen mit Spielwitz, Angriffigkeit, Einsatz, Teamgeist und Strategie.
Damit haben sich Tanja Dobart und Gerhard Gstöttner-Hofer von 08.09.-10.09.2021 im REFAK Seminar „Schon mal Gegenmacht trainiert“.

Eine Premiere in einer coolen Location

Das erste REFAK-Seminar zum Thema Gegenmacht fand nach mehrmaliger Corona-bedingter Verschiebung im September im Hotel „Zeitgeist“ statt. Nur nebenbei, ein Highlight an Seminarambiente. Aber auch ein Name der Assoziationen auslöst. Nicht, dass „Gegenmacht“ als allgemeiner „Zeitgeist“ in unserer Gesellschaft zu identifizieren wäre. Eher schon, dass der Begriff Bezüge zu einer Entwicklung zulässt, die in den späten 1980er-Jahren in Österreich ankam und begann das österreichische Sozialpartner-System durcheinanderzubringen und letztlich damit eine weitreichende strategische Neuausrichtung der österreichischen Gewerkschaftsbewegung notwendig machte.

Weshalb „Gegenmacht“ jetzt immer mitgedacht werden sollte

Neoliberalismus war zum „Zeitgeist“ geworden. Dieser „Zeitgeist“, der in den Universitäten, den Redaktionsstuben, den wirtschaftlichen Netzwerken und den politischen Kabinetten zum Mainstream wurde, stellt die Sozialpartnerschaft und damit die Gewerkschaften als gesellschaftspolitisch anerkannte Akteur*innen bei der Regelung der Arbeitsbedingungen, bei Lohnverhandlungen und der betrieblichen Mitbestimmung in Frage. In Regierungs- wie auch Wirtschaftskreisen mehrten sich Stimmen, „den österreichischen Weg“ zu verlassen. „Die Sozialpartnerschaft ist tot. Sie weiß es nur noch nicht“ (Finanzminister Hansjörg Schelling, Mai 2017). Deshalb war es für den ÖGB und die Gewerkschaften notwendig, sich für diese „Kampfansage“ zu rüsten. 2019 formulierte der ÖGB-Bundesvorstand: „Für die Durchsetzung der gewerkschaftlichen Ziele bereiten wir die Organisation … sowohl auf Verhandlungsprozesse wie auch auf mögliche Arbeitskämpfe vor. Zu diesem Zweck wollen wir stärker denn je auf allen Ebenen kampagnenfähig werden“. Ein entsprechendes Strategieprojekt hatte auch das Ziel das Thema Gegenmacht für die gewerkschaftliche Bildung aufzubereiten. Am ersten Seminartag kamen genau diese politischen und historischen Zusammenhänge auch zur Sprache und wie man sie methodisch gut in ein Seminardesign einbauen könnte.

Und was meint eigentlich der Begriff „Gegenmacht“?

Macht, Gegenmacht … alles ziemlich dehnbare Begriffe. Machttheorien und -definitionen wurden deshalb im Seminar vorgestellt und diskutiert. Außerdem, wie können wir die Mechanismen und Regeln, die mit diesen Begriffen verbunden sind, in ein gut zu vermittelndes Bild bringen? Als Trainer*innenteam dieses REFAK-Seminars haben wir uns für das Bild des „Fußballspiels“ entschieden. Die Leitfragen, die beim Seminar abgearbeitet wurden, orientierten sich an diesem Bild: Von „Nach welchen Spielregeln wird gespielt?“ über die „Teamaufstellung?“ bis zu „Strategie“, „Taktik“, „Spielplan“ und der „Siegesfeier in der Kabine“.

Es gibt eine Menge Methoden und Tools für Trainings und Klausuren rund um Gegenmacht

Padletauszug

Die genannten Schwerpunkte und Leitfragen bilden das Grundgerüst eines Padlets, das für dieses Seminar aufbereitet wurde. Jede weiterführende Quelle, jedes Arbeitsblatt, jede Methodik und Präsentation ist dieser Struktur zugeordnet, sodass sich ein gut gefüllter Padlet-Werkzeugkoffer ergeben hat, aus dem bei der Seminar- und Trainingsplanung geschöpft werden kann. Hier kannst du dir das Padlet ansehen.

Die Teilnehmenden waren gefordert aus der Rollenperspektive Trainer*in oder Seminar-Teilnehmende*r einzelne Methoden anzuwenden, durch zu „spielen“ und die gemachten Erfahrungen im Anschluss zu reflektieren. Wie schon am ersten Tag, war das Trainingsziel auch am zweiten Tag, alle Arbeitsschritte für sich auch als methodischen Impulse zu setzen: soziometrische Aufstellungen, assoziative Methoden mit Post-its, anhand von Fallbeispielen arbeiten und solche zuvor entwickeln, Einsatz von Kreativmaterialien und freilich … auch ein wenig Referat und Powerpoint in homöopathischen Dosen. Alle diese Methoden der Moderation und Anleitung wurden gesondert gesammelt und visualisiert.

Eine Betriebsrats-Gegenmachtgeschichte mit Impulskraft für die Seminarplanung

Begleitet hat uns während des Seminars auch Zoran und sein Betriebsratsteam. Sie spielen die Hauptrolle im neuen VÖGB-Skriptum „Mach dich stark als Betriebsrat“. In einer fiktiven – aber real aus dem betrieblichen Leben gegriffenen – Geschichte geht es darum, wie es das Betriebsratsteam von Zoran, Margit, Simon, Marina und Karl gemeinsam mit den Gewerkschaftssekretärinnen Silvia und Andrea schafft, zu einem durchschlagskräftigen Machtfaktor im Betrieb zu werden. Das Skriptum ist auch zu einem Handbuch mit vielen methodischen Hinweisen und Hintergrundinformationen geworden. Und ganz wichtig: Die Geschichte, die den Rahmen bildet, geht gut aus. Happy End!

Erste Umsetzungsideen

Es wäre kein „Train-the-Trainer“-Seminar, wenn der Input und das gemeinsam Erarbeitete nicht auch gleich Richtung Anwendung drängen würde. Der letzte Halbtag war der Erstellung von Designs für ganz bestimmte Zielgruppen-Konstellationen gewidmet. Aufgrund der Teilnehmenden-Gruppe ergaben sich die Bedarfe das Thema Gegenmacht zum Betriebsratsklausur-Thema zu machen, es als mehrtägiges Seminarthema aufzubereiten oder aber einen Gewerkschaftsschulabend dafür zu entwickeln. Die Ergebnisse waren echt herzeigbar!!!

Wer nun neugierig geworden ist: Das nächste REFAK-Seminar „Schon mal Gegenmacht trainiert?“ findet 7. bis 9. September 2022 statt. Du kannst dich ja gleich mal hier dazu anmelden. 😉

Frei zugängliche Materialien

Trainer*innen: Tanja Dobart und Gerhard Gstöttner-Hofer

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