Vom ungeliebten Ritual zum Lernmotor
Wie kann ich als Referent:in Rückmeldungen geben, die weiterbringen, ermutigen und keinesfalls frustrieren? Wie hole ich mir Feedback von meinen Teilnehmer:innen und das nicht erst am Seminarende? Wie organisiere ich Peer-Feedback? All das war Thema eines Trilogie-Tages im BIZ unter der Leitung von Elisabeth Steinklammer und Ulli Lipp am 7. Mai 2024.
Ein ganzer Tag zum Thema Feedback?
Ist das wirklich notwendig für Referentinnen und Referenten, für die Feedback geben und sich Feedback holen Alltag ist? Gerade weil wir in jeder Veranstaltung und bei allen Begleitungen von Lernprozessen mit dem Thema Feedback konfrontiert sind, ist das Thema wichtig. In all seinen Facetten ist ein Tag ohnehin zu kurz dafür. Wir legten den Schwerpunkt auf die Praxis.
Die Teilnehmer:innen tauschten Erfahrungen aus über besonders hilfreiche Feedbacks. Die Highlights kamen in Kurzpräsentationen ins Plenum. Übung No. 1: Kollegiales Feedback für diese Auftritte. Die Feedbacknehmer:innen konnten sich vor dem Auftritt Beobachtungskriterien aussuchen. Das waren zum Beispiel Blickkontakt, Sprache, Visualisierung, Kürze, Verankerung… Schon in dieser ersten Übung wurde heiß diskutiert: Darf eine Feedbacknehmer:in nachfragen oder ist das schon eine Kommentierung des Feedbacks, die wir nicht zulassen sollten?
Die Bedeutung von Feedback
Bei den Begründungen für Feedback taucht immer wieder das Johari-Fenster auf. Unser „blinder Fleck“ wird durch Feedback kleiner. Wir erfahren Neues über uns selbst. Feedback, das wir uns als Referent:innen während einer laufenden Veranstaltung holen, macht es möglich, dass Teilnehmer:innen das Seminar mitgestalten. Das Feedback am Ende oder danach (Online-Fragebögen) dient dagegen der Qualitätssicherung für kommende Veranstaltungen. Im Lernprozess selbst kann gezieltes Feedback den Lernprozess unterstützen, und zwar nicht nur kollegiales Feedback, sondern auch stärkende Rückmeldung durch uns Referent:innen, auch für einzelne Teilnehmer:innen.
In der gewerkschaftlichen Erwachsenenbildung ist Feedback als Lehr- und Lerninstrument ein wesentlicher Bestandteil unserer Arbeit. Denn für das Lernen in der betrieblichen Praxis ist die Etablierung einer Fehlerkultur wesentlich. Das bedeutet, dass Fehler nicht nur erlaubt, sondern willkommen sind. Denn im geschützten Rahmen der gewerkschaftlichen Bildung haben sie keine realen Konsequenzen und bieten die Möglichkeit, daraus zu lernen und sich weiterzuentwickeln. Fehler alleine sind dafür aber nicht ausreichend. Wir müssen sie auch erkennen und Schlüsse ziehen. Da ist Feedback hilfreich. Auch, um Positives sichtbar zu machen und zu verstärken.
Allerdings haben viele Menschen wenig Erfahrung im Feedback geben und nehmen. Daher ist es wichtig, Feedback als Methode mit den eigenen Teilnehmer:innen zu erlernen und zu üben. Gerade in längeren Lehrgängen ist dafür mehr Zeit und es bietet sich an, dies als Lernpyramide aufzubauen. Also mit einfachen Feedbackübungen zu beginnen. Beispiel hierfür ist die Fokussierung auf Beobachtungsdimensionen, vorgegebene Beobachtungsbögen oder auch das Ausarbeiten von Feedback in der Gruppe. Mit fortschreitender Erfahrung kann auch die Komplexität gesteigert werden.
Feedbackregeln können diesen Lernprozess erleichtern und klar strukturieren.
Feedbackregeln
Aus dem Text zu Feedbackregeln von Anja Centeno Garcia gewichtete die Gruppe die sieben Regeln für das Feedback geben. Die für unsere Gruppe wichtigsten waren „konkret & sachlich“, „ehrlich“ und „als Ich-Botschaften formuliert“.
Ein Lernzirkel zum Thema Feedback
Drei Themen wurden jeweils eine Viertelstunde bearbeitet:
– Heikle Feedback-Situationen
– Offene Fragen und Denkanstöße
– Kollegiales- bzw. Peer-Feedback
Ausgewählte Feedback-Methoden
Steuerungs-Feedback: Teilnehmer:innen können während der Veranstaltung den Ablauf und die Gestaltung beeinflussen. Bei unserer eintägigen Veranstaltung gab es kurz vor der Mittagspause ein Steuerungs-Feedback, das als Zurufliste festgehalten wurde und uns Referent:innen zu Anpassungen anregte.
Feedback-Buddy: Ich suche/bekomme einen Partner/eine Partnerin. Wir vereinbaren, worauf der/die andere achten soll. Gegen Ende des Seminars bekommen wir Zeit, uns gegenseitig und vertraulich Feedback zu geben. Ein kurzer Spaziergang ist ein guter Rahmen.
Bilder als Feedback-Hilfe: Die Formulierung von Feedbacks macht manchmal Schwierigkeiten. Ausgelegte Fotos – gerade wenn sie mit dem Feedbackinhalt nicht direkt etwas zu tun haben – helfen, weil Assoziationen angeregt werden.
Erwartungsabfrage mit Feedback: Erwartungen werden in der Startphase mit Karten an der Seminarraumtüre befestigt. Die Bitte an die Teilnehmer:innen: „Wenn ihr den Raum zwischendurch verlasst, schaut doch auf eure Wünsche und Anliegen.“ Was erledigt ist, bekommt einen Klebepunkt.
Was wende ich als Erstes an?
Folgende Übungen wollen die Seminar-Teilnehmer:innen in ihren nächsten Bildungsangeboten ausprobieren:
- Rücken stärken: Ich stehe Rücken an Rücken mit einer Kolleg:in und wir geben uns gegenseitig ein Stärken-Feedback.
- Die Drei-Stufen-Methode fürs Feedback-Geben: Wahrnehmung, Wirkung, Wunsch
- Ich will Feedback-Kriterien vorgeben, dann wird Feedback präziser.
- Ich möchte in der Gewerkschaftsschule eine Feedback-Kultur aufbauen.
- Nicht in Methoden denken, sondern zuerst das Ziel des Feedbacks definieren
- Steuerungsfeedback
- Feedback-Buddy
- Feedbackregeln einführen
- Die Idee, Bilder für das Feedback zu verwenden
Autor:innen: Elisabeth Steinklammer und Ulli Lipp
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