Leserlich schreiben von A bis Z
Grundsätzlich haben die meisten ja keine Zweifel daran, dass sie schreiben können. Wir wissen wie ein großes A oder ein kleines z aussieht und bringen sie ohne groß nachdenken zu müssen aufs Papier. Doch wenn es dann ans große Blatt geht und hinter einem ein ganzer Raum voller Menschen gebannt zusieht, wie wir den Stift in Richtung Papier führen, wird dem einen oder der anderen dann doch mulmig. Dabei ist leserliches Schreiben garnicht so schwierig.
„Jaja…“ denken sich jetzt einige „…die hat meine Schrift noch nicht gesehen“. Vertraut mir. Das kriegen wir hin. Und zwar in zwei Schritten: zuerst zeige ich euch ein paar Schriften, die ihr leicht nachmachen könnt und danach, worauf ihr bei der eigenen Handschrift achten könnt.
Starten wir mit einem Beispiel
Ich persönlich tu mir ja immer am leichtesten, wenn ich ein Beispiel gezeigt bekomme. Da ich dachte, euch geht es vielleicht genauso, habe ich euch hier eines vorbereitet. In dem Bild seht ihr die vier Schriften, die ich am häufigsten nutze:
Großbuchstaben (oder Versalien in der Fachsprache)
Für Überschriften oder wichtige Schlagworte innerhalb eines Fließtextes verwende ich Großbuchstaben. Damit hebt sich der Titel gut vom Fließtext ab und man erkennt auf den ersten Blick, was wichtig ist. Dabei achte ich darauf, dass die Buchstaben nicht allzu breit werden. So passt mein Titel (in den meisten Fällen) trotz Großbuchstaben in eine Zeile.
Druckschrift
Die Schrift, die ich am häufigsten benutze, ist die Druckschrift. Das bedeutet, ich verwende Groß- und Kleinbuchstaben, die jeder für sich stehen (also nicht wie bei der Schreibschrift verbunden sind). Diese Schrift ist gut leserlich und geht schnell. Um sie noch mehr von der Überschrift abzugrenzen kann man auch einen dünneren Stift verwenden als für den Titel.
Schreibschrift
Das ist die Schrift, die wir in der Regel in der Schule als Handschrift gelernt haben. Wie bei der Druckschrift werden Groß- und Kleinbuchstaben verwendet, die jedoch (anders als bei der Druckschrift) verbunden werden. Es gibt viele sehr schöne Varianten der Schreibschrift (wer sich dafür interessiert, kann im Internet nach dem Schlagwort „Lettering“ suchen). Da sie nicht so leicht zu lesen ist wie die Druckschrift, verwende ich sie hauptsächlich für dekorative Elemente, wie zum Beispiel Willkommens-Flipcharts.
„Hohle“ Buchstaben
In Seminaren fragen mich Teilnehmer oft, wie man „hohle“ Buchstaben hinbekommt. Der einfachste Weg ist, sich das Wort oder den Satz, den man schreiben will mit einem Bleistift vorzuschreiben. So fällt es den meisten sehr leicht die Kanten nachzufahren. Mit ein wenig Übung, gelingen die Buchstaben dann mit der Zeit auch ohne die Hilfe des Bleistiftes.
Der eine und einzige richtige Weg
In vielen Flipchart-Büchern wird die sogenannte „Flipchart-Schrift“ als der heilige Gral und die einzig richtige und gute Möglichkeit des Schreibens am Flipchart dargestellt. Glaubt kein Wort davon. Es gibt unendlich viele schöne und leserliche Schriften. Meiner Erfahrung nach ist es viel erfolgsversprechender bei der eigenen Schrift anzusetzen und diese an den richtigen Stellen ein bisschen zu korrigieren. Denn wenn wenig Zeit ist und wir uns gestresst fühlen (was fast immer der Fall ist, wenn jemand vor Publikum steht und schreiben soll), dann greifen wir ja doch auf die Schrift zurück, die uns vertraut ist. Wenn wir viel Zeit zum Vorbereiten haben, dann können wir uns gerne auch kreativ austoben – das ist im Berufsalltag aber eher die Ausnahme als die Regel.
Daher: egal für welche Schrift ihr euch entscheidet, wenn ihr auf die folgenden Punkte achtet, könnt ihr dafür sorgen, dass der Text leserlich ist und einen harmonischen Gesamteindruck vermittelt.
1. Stift
Ein weiterer Mythos, der sich beharrlich hält, ist, dass man unbedingt mit einem Keilspitzen-Stift schreiben soll. Ich weiß nicht, wer sich das ausgedacht hat, aber ich sehe das anders. Ich habe jahrelang die Teilnehmer*innen meiner Flipchart-Kurse dabei beobachtet, wie sie sich mit Keilspitzen plagen. Der Winkel stimmt nicht oder wechselt willkürlich an den abenteuerlichsten Stellen, die Schreibfläche liegt nicht ganz auf und es entstehen Lücken in der Linie oder es sieht so aus als ob der Stift leer wäre, obwohl er brandneu ist, Texte werden nur mit der Spitze geschrieben und wirken krakelig und unsicher… wozu das ganze Plagen? Ja, klar kann man mit Keilspitzen schöne Effekte erzielen aber dazu braucht es eine ruhige Hand und einiges an Übung. Mit Rundspitzen gibt es die meisten oben beschriebenen Probleme nicht. Probiert es am besten aus. Wenn euer Herz für die Keilspitze schlägt, dann bleibt bei den klassischen Stiften. Wenn ihr nicht gerade Illustrator*in, Handlettering-Expert*in und Kalligraphie-Junkie seid, werdet ihr euch aber mit ziemlicher Sicherheit mit der runden Spitze wesentlich leichter tun und viel schneller zu guten Ergebnissen kommen.
2. Einheitlichkeit
Einheitlichkeit wirkt ordentlich. Was ich damit meine? Egal welche Schrift euch am besten liegt – wenn ihr euch konsequent daran haltet, wie groß die Buchstaben sind, wie dick der Strich ist mit dem ihr schreibt und wie die einzelnen Zeichen aussehen, dann wirkt das Gesamtergebnis harmonisch. Wie schaut zum Beispiel der obere Teil von eurem kleinen d aus? Passt das kleine b dazu oder schaut es ganz anders aus? Schaut euer großes S immer gleich aus oder ändert es jedes mal das Aussehen, wenn es vorkommt? Wie ist es mit den i Punkten?
3. Gerade Linien
Bemüht euch gerade zu schreiben. Wenn das schwer fällt und das Raster des Flipcharts zu zart ist (ich hab euch ja empfohlen das Blatt umzudrehen, damit ihr auf der weißen Seite schreibt, da das wesentlich schöner aussieht – siehe #visdo 03), macht euch einfach einen Linienspiegel. Nehmt ein leeres Flipchart Blatt und zeichnet mit einem schwarzen Stift gerade Linien. Bei Kariertem Papier könnt ihr alle zwei Quadrate eine Linie ziehen. Legt dieses Blatt unter das Blatt auf dem ihr schreiben wollt und schon kann es losgehen.
4. Zeilenlänge
Achtet darauf, dass die Wörter nicht am rechten Rand des Blattes „anstoßen“ oder (noch schlimmer) sich nach oben oder unten zu wölben beginnen um mit Gewalt noch in die Zeile zu passen. Trennt, wenn nötig, Wörter mit einem Bindestrich oder schreibt das letzte Wort ein wenig schmäler. (siehe auch #visdo 05).
Damit sollte es klappen. Probiert es am besten aus. Schnappt euch ein Flipchart und schreibt einen Spruch, ein Zitat oder eine Zeile aus eurem Lieblingsbuch. Wenn euch so garnichts einfallen will, dann schreibt einfach: „Visualisierung ist keine Kunst sondern Technik – sagt die Lana“. Achtet auf die Punkte, die wir besprochen haben und macht euch keine Sorgen, wenn auch mal was schief läuft. Denn wie man mit Fehlern am besten umgeht, das besprechen wir im nächsten #visdo. Bis dahin: an die Stifte – fertig – los!
Autorin: Lana Lauren
Lust auf mehr? Zu allen Beiträgen der #visdo-Serie kommst du HIER!
Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung-NichtKommerziell-Weitergabe unter gleichen Bedingungen unter gleichen Bedingungen 3.0 Österreich Lizenz.
Volltext der Lizenz