Lebendig referieren

Ein Crashkurs für das Weitergeben von Wissen und Erfahrung

Ein neues Seminar für „Hin- und-wieder-Referent*innen“ konnte vom 8. bis 10. März 2022 in Präsenz stattfinden. Nicht nur die Aufgabe, Kolleg*innen in zweieinhalb Tagen für die Wissensweitergabe fit zu machen, versprach Spannung, sondern auch die Trainer*innenkombination. Gerda Kolb als Gruppendynamik-Expertin und Methodenspezialist Ulli Lipp führten durch die Tage. Zusätzliche Spannung brachte Covid-19. Wie gehen Trainer*innen und Gruppe mit Störungen durch die Pandemie um?

Der Überblick

Das Mind-Map mit den Bausteinen des Seminars

Ein Schwerpunkt waren praktische Übungen. Teilnehmer*innen bekamen die Gelegenheit, sich selber beim Vermitteln von Inhalten allein oder mit Kolleg*innen auszuprobieren und Feedback für die Auftritte zu erhalten. Was hier im Überblick nicht auftaucht, ist das Trainer*innengespann.
Wie arbeiten zwei Menschen, die sich am Tag vor dem Start zum ersten Mal live begegnet sind, zusammen? Wie gehen sie in Konfliktsituationen miteinander und mit der Gruppe um?

Die Gruppe „zum Laufen“ (= miteinander und voneinander Lernen) bringen

Schon vor dem eigentlichen Beginn füllten alle eine Zeile im Teilnehmer*innen-Spiegel mit ein paar Angaben zur Person.
Bei der Übung „Gerüchteküche“ kamen Einzelne beim Austausch über Symbole schnell ins Gespräch und in Kontakt. Erst dann folgten inhaltliche und organisatorische Überblicke. Vorgestellt wurde auch der „Engel Aloisius“ als Symbol für die Meta-Ebene, auf der das „Wie und Warum“, also die didaktischen und methodischen Begründungen für die Gestaltung des Seminars geklärt und diskutiert wurden. Für die Teilnehmer*innen war weniger die Intensität des Kennenlernens überraschend, sondern die Reihenfolge: Zuerst Kennenlernen und dann erst inhaltlicher und organisatorischer Überblick mit dem Mind-Map. Zusätzlich gab es wie an den Folgetagen einen chronologischer Fahrplan für den Tag. Änderungen wurden immer vor aller Augen vorgenommen. Botschaft: Es gibt einen genauen Plan, denn Lernende brauchen „Struktur! Struktur! Struktur!“ Wenn es nötig ist, wird der Plan situativ angepasst.
Gleich am ersten Vormittag öffneten Teilnehmer*innen zuerst in neu zusammengestellten Kleingruppen, dann im Plenum in Form eines „lebendig präsentierten Kurzvortrags“ ihre Schatzkisten: Welche Lehr-/Lernerfahrungen bringen wir schon mit?

Planung

Auch und gerade im Crashkurs darf das Thema Planung nicht fehlen. Die Reihenfolge der Schritte der Planung erarbeitete sich die Gruppe selbst mit vorbereiteten Karten. Das Formulieren von Lernzielen erleichtert die Vorbereitung enorm. Das gilt für den Ein-Stunden-Vortrag wie für längere Seminare.
Leitfäden alias Fahrpläne können verschiedene Form haben. Hilfreich ist die übliche Tabellenform, wenn mehrere Referent*innen zusammen arbeiten. Praktisch für den Planungsprozess sind auch Mind-Maps.

Die Planungsschritte, erarbeitet mit der Methode Karten ordnen. Ein hoffentlich wegen der Masken historisches Bild.

Methoden

Als „Renner“ unter den Methoden erwiesen sich die Aktivierungsinseln. Da werden in einen Vortrag kurze Phasen eingebaut, in denen die Zuhörer*innen aus dem Zustand „passiv Zuhören“ herausgebracht werden und aktiv etwas tun: Ein Statement abgeben, schätzen, eine Frage mit den Sitznachbar*innen klären, auf Fragen antworten. Das funktioniert auch online.

Ziel des Seminars war auch, eine bunte Palette an Methoden für den Werkzeugkoffer der Teilnehmer*innen modellhaft einzusetzen. Zum Nachlesen findet ihr es im REFAK-Blog unter Toolbox Methoden . Eine Methodensammlung gibt es in der Dokumentation Methoden für jede Seminarphase. Dieses Seminar findet im Juni 2022 wieder statt.

Medien

Zum „lebendig Referieren“ gehört lebendiges Visualisieren und das geht immer noch am einfachsten auf Papier. Im Seminar übten wir Gestaltung und Einsatz von Flipchart und Pinnwand. Immer beliebter auch in Online-Veranstaltungen werden A3-Kartons, die wir vor den Laptops in die Kamera halten können. Bei den praktischen Übungen zeigte sich wiederholt das Problem, dass es schwerfällt, die „Tränen des Abschieds“ zu weinen und die Inhalte auch in den Visualisierungen auf verdauliche Happen zu reduzieren.

Bilder aus dem Seminar zur Visualisierung auf Papier

Die meisten Teilnehmer*innen verwenden als Hauptmedium PowerPoint. Zur Gestaltung gab es eine Checkliste. Im PowerPoint-Knigge finden sich Tipps zum Präsentieren. Neu war für einige der Teilnehmer*innen die Redepause nach dem Anklicken eines neuen Slides (weil wir nicht gleichzeitig etwas Anschauen und Zuhören können) und „bildfreie Zonen„, in denen die Präsentation weggeklickt wird. Das ist ganz simpel durch das Drücken der Taste Punkt oder b möglich.

Das sind Ausschnitte. Die Checkliste als Ganzes und der komplette PowerPoint-Knigge

Klar wurde auch: Ein Medienmix ist angesagt, Monokultur erschwert auch bei den Medien das Lernen. Eine Fundgrube zum Visualisieren ist die Blog-Reihe #visdo (steht für Visualisierungsdonnerstag).

Gruppendynamik

Vor diesem Überblick gab es eine Einführung: Was ist eine Gruppe?

Referent*innen tun sich leichter, wenn sie wissen, wie sich die Gruppen entwickeln. Details zu diesen Phasen erarbeiteten sich die Teilnehmer*innen einerseits mit Hilfe von Texten aus der Blogreihe #grumo . Zusätzlich und ungeplant gab es im Seminar eine massive Störung und damit die Gelegenheit, den Umgang mit Störungen ganz praktisch zu erleben. Entstanden war die Situation durch einen Covid-19-Fall (positiver Test vor Tag 2), der notwendigen Kontrolle des Impfstatus und Ausschluss von nicht-geboosterten Personen. Das sorgte für Irritationen und Unmut. Wir gaben als Referent*innen Raum, in einer Runde im Plenum die eigene Befindlichkeit, ob der Störung und dem Umgang damit, zu verbalisieren, anstatt mit dem geplanten Ablauf weiter zu machen. Diese Intervention dient auch dazu, sich ein Bild der aktuellen Arbeitsfähigkeit zu machen, sowohl für jede Person selbst als auch als Trainer*innen-Staff in Bezug auf die Gruppe.

Am Morgen des dritten Tages baten wir die Teilnehmer*innen kurz zu notieren, was sie in Bezug auf die Wirkung und den Umgang mit Störungen gelernt haben. Zwei Beispiele aus den Antworten:
„Störungen werden von jedem unterschiedlich wahrgenommen und gewertet. Trotzdem oder gerade deshalb ansprechen! (aktiv) Auch wenn keine schnelle Lösung möglich ist. So werden Irritationen behoben.“
„Störungen ansprechen und Zeit nehmen!“

Weitere Statements gibt es hier.

Meine Rolle in der anleitenden Funktion

An die Referent*innen werden ganz unterschiedliche, teils widersprüchliche Erwartungen gestellt. Für die notwendige Auseinandersetzung mit diesen Erwartungen hat sich das Dreieck als Strukturierungshilfe bewährt. Die „Ecken“ können inhaltlich ganz verschieden definiert werden. Für die Arbeit an den eigenen Erwartungsdreiecken gab es eine interessante methodische Variante. Allein für sich untersuchte Jede und Jeder die eigene Situation. Die Ergebnisse dieser Einzelarbeit wurden dann zu zweit im Gehen ausgetauscht und diskutiert. (Methode Talking by Walking)

Zum Schluss …

war noch einmal Zeit, ins eigene Beutebuch (Das nehme ich für mich als Beute mit…) zu schreiben. Vor der Abschlussrunde und dem Abschiednehmen sammelten wir auf Pinnwänden Anregungen für die Neuauflage des Seminars „Lebendig referieren“ im September 2023. Die finden sich wie viele andere Bilder in der Datei „Das Seminar in Bildern“.

Autor*innen: Gerda Kolb und Ulli Lipp

Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung-NichtKommerziell-Weitergabe unter gleichen Bedingungen unter gleichen Bedingungen 3.0 Österreich Lizenz.
Volltext der Lizenz

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