Digitale Tools in der gewerkschaftlichen Erwachsenenbildung

Eine Skizzierung vor und während der COVID19-Pandemie

CC Pixabay

Wurden digitale Tools laut einer Evaluierung im Jahr 2018 in der gewerkschaftlichen Erwachsenenbildung zwar positiv wahrgenommen, aber nur vereinzelt angewendet, lässt sich durch die derzeitige Covid-19 Pandemie eine tatsächliche Etablierung von digitalen Methoden in der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit wahrnehmen.

Die gewerkschaftliche Bildungsarbeit in Österreich beschäftigt sich bereits seit mehreren Jahren mit der Thematik Digitalisierung und hat mit Beginn der Covid-19 Pandemie einen Digitalisierungsschub erlebt. Um eine zeitgerechte und adäquate Bildungsarbeit zu ermöglichen, befasst sich die ReferentInnen Akademie (kurz REFAK) bereits seit 2016 mit dieser Materie im Rahmen ihrer Blogserie „Digitaler Donnerstag“ (#dido). Der #dido bietet eine stetig wachsende Sammlung digitaler Tools und Methoden. Der Fokus wird dabei auf eine beispielhafte Methodensammlung gelegt, das heißt, es werden Anwendungsbeispiele für die Umsetzung in die eigene Bildungsarbeit geboten.

Im Jahr 2018 wurde der #dido im Rahmen einer Masterarbeit evaluiert. Es wurde eine Methodentrilogie angewendet, die neben einer Online Umfrage von REFAK BlogleserInnen auch die Teilnahme am REFAK Seminar „Lernen 4.0 – Digitale Tools in der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit“ sowie eine Literaturrecherche umfasste. Bei der Umfrage wurde der Fokus auf die individuelle Einschätzung der Tools sowie der tatsächlichen Anwendung der #dido Methoden in der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit gelegt. Dabei haben sich zwei Hauptergebnisse herauskristallisiert.

Blickt man auf die oben dargestellten Diagramme, so zeigt sich, dass die einzelnen Aspekte der #dido Blogreihe, wie beispielsweise der Inhalt, die Beschreibung sowie der Aufbau der Blogartikel, als sehr gut wahrgenommen werden, die vorgestellten Tools aber dennoch nur vereinzelt eingesetzt werden.

Die Suche nach den Hürden

Bei der Erstellung der Online Umfragen wurden bereits einige potenzielle Faktoren, die für den Einsatz der im #dido vorgestellten digitalen Tools in der eigenen Bildungsarbeit ausschlaggebend sein könnten, berücksichtigt. Diese Aspekte sind unter anderem das Leseverhalten der BlogleserInnen, die vorhandenen Ressourcen für den Einsatz von digitalen Tools und das private sowie berufliche Nutzungsverhalten von digitalen Medien.

Diese möglichen Einflüsse scheinen jedoch nicht ausschlaggebend für den geringen Einsatz eben dieser Methoden, denn über 70% der Befragten haben den #dido als sehr zufriedenstellend eingeschätzt und über 60% lesen regelmäßig #dido Beiträge. Des Weiteren verfügen knapp 83% der Befragten über die notwendigen Ressourcen, um digitale Tools und Medien optimal einsetzen zu können. Aufgrund dieser Datenlage lässt sich kein eindeutiger Hindernisgrund für den Einsatz von digitalen Tools belegen.
Vergleicht man nun die evaluierten Faktoren mit der subjektiv wahrgenommenen, derzeitigen Pandemie-Lage, so lassen sich einige Hürden anhand von Rückmeldungen der SeminarteilnehmerInnen und TrainerInnen definieren. Dabei haben sich zwei wesentliche Faktoren herauskristallisiert. Einerseits sind es fehlende Soft- und Hardware im privaten Bereich (beispielsweise kein Laptop oder ein zu langsames Internet) und andererseits die Angst vor dem Scheitern. Diese negativen Faktoren werden aber zumeist von der Freude an Neuem und dessen Möglichkeiten überwogen.

Der positive Effekt von digitalen Tools

Grundsätzlich werden digitale Tools und Methoden laut den Befragten von ihren SeminarteilnehmerInnen gut angenommen, wobei dabei die Aspekte des Ausprobierens von Neuem, die Auflockerung der Lehreinheit sowie die aktive Mitarbeit geschätzt werden. Ebenso kann der Lernraum je nach Tool und Methode ergänzt und erweitert werden, sei es durch die ortsunabhängige und dennoch gemeinsame Bearbeitung eines Dokuments oder durch das spielerische Abfragen von Meinungen und Erlerntem. Dieser Faktor hat jedoch bei den Befragten keine hohe Priorität erhalten. Des Weiteren wird auch die Aktivierung von Kursteilnehmenden von den Befragten sehr geschätzt. Deshalb empfehlen wir im Rahmen der REFAK den Einsatz eines Aktivierungselements, wenn die Aufmerksamkeit sinkt, beispielsweise nach der Mittagspause, oder zur Auflockerung des Seminarinhaltes.

Die Hemmschwelle beim Einsatz von digitalen Tools

Die Einbindung von digitalen Medien und Methoden in der Bildungsarbeit setzt einerseits nicht nur die Offenheit für Neues von Lehrenden und Lernenden voraus, sondern ebenso ein bestimmtes Grundwissen über digitale Technologien und eine ausreichende Medienkompetenz der TrainerInnen.
Im Rahmen der REFAK empfehlen wir, dass Lehrende beim Einsatz von digitalen Tools und Medien zumindest so viel technisches Know-How besitzen sollten, dass sie bei Fragen und möglichen Hürden kompetent reagieren können. Mögliche Fragen sind unter anderem zur Handhabung von Apps oder zur Problemlösung in ebendiesen. Ebenso stellen VÖGB und AK Wien seit November 2020 bei Online Seminaren, einen technischen Support zur Verfügung, um einen reibungslosen Onboarding Prozess sicherzustellen. Das soll einerseits den SeminarteilnehmerInnen den Einstieg erleichtern, andererseits können TrainerInnen sich auf ihre Seminarinhalte konzentrieren.

Aber auch von Seiten der TrainerInnen gibt es Grenzen, die zu beachten sind. Potenzielle Verweigerungsgründe sind laut der Befragung mangelnde Zeitressourcen, zu geringes technisches Wissen oder eine unpassende Zielgruppe. Bei der Seminarplanung sollte deshalb stets die Zielgruppe im Fokus sein: Habe ich es mit Digital Natives (Personen, die nach 1990 geboren wurden) oder mit Digital Immigrants (Personen, die vor 1990 geboren wurden) zu tun? Laut Marc Prensky (2001) ist zu beachten, dass Digital Immigrants eventuell eine größere Unterstützung bei der Benützung von digitalen Tools benötigen als Digital Natives, da diese nicht mit digitalen Medien aufgewachsen sind. Wohingegen es zur Übersättigung und Langeweile bei Digital Natives kommen kann.

Seit Beginn der Covid-19 Pandemie ergibt sich seitens der REFAK die Einschätzung, dass für Lehrende sowie Lernende nicht das Alter ein Hinderungsgrund ist, sondern intrinsische sowie extrinsische Motivationsgründe. Jedenfalls kann ein Präsenztraining so gestaltet werden, dass TrainerInnen niederschwellige digitale Tools einbauen und so skeptischen SeminarteilnehmerInnen die Vor- und Nachteile anregend aufzeigen.

Best of #dido Tools

Im Zuge der Evaluierung wurde abgefragt, in welchen unterschiedlichen Phasen eines Trainings, Workshops, Lehrganges etc. die im #dido vorgestellten Tools und Methoden eingesetzt werden. Dabei wurde zusätzlich erfragt, welche #dido Tools und Methoden in der Praxis tatsächlich gut ankommen und in welchem Bereich sie eingesetzt werden.

CC Daniela Schratter

Hier eine kleine Auswahl der beliebtesten #dido Methoden (Stand 2018):

  • Kahoot (#dido_13): Das digitale Quiztool wird häufig für Evaluierungen vor, während oder nach dem Seminar angewendet.
  • Etherpad (#dido_23): Der webbasierte Texteditor wird signifikant häufig für Evaluierungen eingesetzt, wobei er auch für Einstiege, zur Auflockerung der Einheit und zur Festigung des Lerninhaltes verwendet werden kann.
  • Padlet (#dido_17): Die digitale Pinnwand wird am häufigsten als Einstieg oder Auflockerung einer Seminareinheit angewendet.
  • SmartStart und Ten Pictures a Day (#dido_02): Diese beiden Methoden werden meist zur Festigung des Seminarinhalts sowie beim Seminarabschluss angewendet.

Da jede Bildungsarbeit ein Zusammenspiel aus Lehrenden und Lernenden ist, wurde bei der Online Umfrage auch eruiert, mit welcher Zielgruppe die Befragten arbeiten. Die UmfrageteilnehmerInnen arbeiten dabei am häufigsten mit Erwachsenen zwischen 26-45 Jahren (72,2%) und 46-64 Jahren (63,9%). Kinder und Jugendliche (Personen unter 18 Jahren), junge Erwachsene (Personen zwischen 18-25 Jahren) sowie SeniorInnen (Personen ab 65 Jahren) sind dabei nur selten die primäre Zielgruppe der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit.

Beachtenswertes

Jedes lustige, innovative und auch fade digitale Tool arbeitet mit Daten. Dies ist ebenso bei der Online Umfrage aufgekommen, denn laut den Befragten sind negative Aspekte von digitalen Tools beispielsweise die Bekanntgabe von Personendaten (41,7%), das Mitbringen der eigenen Geräte (22,2%) oder der hohe Speicherplatzverbrauch (13,9%).

Deshalb empfehlen wir im Rahmen der REFAK, bei der Bildungsarbeit auf Datensicherheit und Datenspeicherung zu achten. Bereits vorab sollten seitens der TrainerInnen oder der Bildungsverantwortlichen die Informationen eingeholt werden, wo und wie lange die bekanntgegebenen Daten gespeichert werden und wer Zugang zu diesen hat. Diese Informationen sollten im Idealfall bei der Aufgabenstellung bereits erläutert werden. Ebenso wird empfohlen, stets einen Plan B bei Verweigerung von Tools parat zu haben. Um die Problematik eines zu geringen Speicherplatzes auf mitgebrachten Medien zu vermeiden, empfiehlt es sich, bei der Auswahl von digitalen Tools auf webbasierte Formate zu achten. Weiters sollten die ausgewählten Tools und Apps auf sowohl auf Android- als auch auf IOS-Geräten funktionieren, um so eine Teilnahme aller TeilnehmerInnen zu ermöglichen.

Der Einsatz von digitalen Tools dient jedoch nicht nur der Abwechslung und Aktivierung von TeilnehmerInnen, sondern soll ebenso die Vermittlung der Inhalte unterstützen und fördern. Da der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit stets eine politische Bildung immanent ist, kann der Einsatz von digitalen Tools dazu genutzt werden, wichtige Themen für den ArbeitnehmerInnenschutz mit einzubauen. Beispiele dafür wurden in den #dido Beiträgen von 2020 stärker hervorgehoben und 2021 fortgesetzt. So kann der gewerkschaftliche Einsatz mit der stetig wachsenden Digitalisierungsoffensive gut miteinander verbunden werden.

Literaturverweise

Dieser Beitrag wurde auch in einer verkürzten Beitragsform auf erwachsenenbildung.at publiziert. Hier kann die Kurzversion nachgelesen werden.

Autorin: Daniela Schratter

Fotocredit Pixabay

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