Den Zug zum Tor trainieren

Grafik: Philip Taucher

Strategien und Methoden für das Spielfeld der Macht

Am 13.03.-15.03.2023 fand im BIZ der AK Wien ein REFAK-Seminar unter dem Titel „Den Zug zum Tor trainieren“ statt. Im Mittelpunkt dieses von Tanja Dobart und Gerhard Gstöttner-Hofer geleiteten Trainings stehen Inhalte und Methoden, die eine kreative und vielfältige Vermittlung von (Gegen-)Machtskompetenzen unterstützen sollen. Hintergrund ist die Aufgabe, in allen Organisationsbereichen der Gewerkschaftsbewegung „Machtkompetenz“ zu stärken. Die gewerkschaftliche Bildungsarbeit ist dafür ein wesentlicher Hebel.

Wer im interessenpolitischen Machtkampf etwas weiterbringen will, braucht den „Zug aufs Tor“!

Auf der einen Seite stehen wir als Mann- oder Frauschaft oft mit unseren berechtigten Forderungen nach mehr Gerechtigkeit in der Arbeitswelt und insgesamt in der Gesellschaft. Auf der anderen Seite steht aber oftmals ein:e scheinbar fast übermächtige:n Gegner:in. Im Kapitalismus ist die Machtverteilung zwischen Arbeit und Kapital zunächst asymmetrisch, das heißt, ungleich zu Ungunsten der Arbeitnehmer:innen. Wenn wir unsere Interessen durchsetzen möchten, müssen wir gegenüber der Macht des Kapitals „Gegenmacht“ organisieren. So ist die Ausgangslage auf dem Spielfeld der Macht.

Dass die Ausgangsposition der/des Gegnerin/Gegners eine bessere ist, heißt nicht, dass wir das Spiel zwangsläufig verlieren. Dagegen sprechen die vielen Errungenschaften der Arbeitnehmer:innenbewegung, die in vielen Auseinandersetzungen mit Ausdauer und Teamgeist erkämpft wurden. Zuallererst erfordert die Vorbereitung auf das „Machtspiel“ jede Menge an Selbstreflexion, wie man machttechnisch aufgestellt ist und wo die eigenen Macht-Potenziale liegen.

Wo liegen die eigenen Machtquellen? Wo liegen die Machtquellen des Gegenübers im Machtspiel?
Eigene Darstellung Gerhard Gstöttner-Hofer

Wenn wir uns als ein ebenbürtiges Gegenüber auf dem Spielfeld der Macht erweisen möchten, dann heißt es darüber hinaus mit System, Strategie, Spielwitz, taktischen Varianten, viel Unterstützung aus dem Publikum und mit hervorragenden Trainer:innen anzutreten. Dafür kann man trainieren, … auch die Trainer:innen.

Der Macht-Gegenmacht-Begriff und jede Menge Methoden, um Wissen und Werkzeuge rund ums Thema zu vermitteln

Die Teilnehmenden, die sich Mitte März im BIZ der AK Wien versammelten, um das REFAK-Seminar „Den Zug zum Tor trainieren“ zu absolvieren, kamen aus unterschiedlichen Bereichen unserer Organisationen. Betriebsratsmitglieder, Sekretär:innen von Gewerkschaften bzw. des ÖGB und AK-Beschäftigte. Dementsprechend variierte auch der Zugang zur Frage, wo der Schwerpunkt des eigenen Anwendungsgebietes der Seminarinhalte liegen würde. Im Fokus stand freilich der Einsatz von Materialien und Methoden für den Trainings-, Seminar- und Workshop-Einsatz.

Den Anfang machte eine Annäherung an die Begriffe Macht und Gegenmacht. Dabei kamen neben historischen und Theorie-Inputs einige Methoden zur Anwendung, die helfen sollten, eigene Erfahrungen zu heben und zu thematisieren. Danach ging es um Materialien und Methoden, die das Verstehen und Systematisieren unterstützen sollten, was der Begriff Macht eigentlich beinhaltet und welche Dimensionen gewerkschaftlicher Macht es gibt. Auch die Schatztruhe der Kreativtechniken wurde geöffnet, um nicht nur „kopflastigen“ Methoden der Erschließung des Macht-Themas Raum zu geben. Duplo- und Playmobil-Akteur:innen standen sich in spürbar ungleichen Machtkonstellationen gegenüber. Das entstandene Kreativszenario war Basis für eine angeregte Analyse rund um Machtdynamiken. 

Und wie kann man den Aufbau von Gegenmacht trainieren?

Die Teilnehmenden definierten für sich entsprechende Anwendungsfelder, die Zielgruppen, mit denen sie trainieren würden, die Settings und welche Lernziele sie dort verfolgen wollten. Nach dieser ersten Orientierung wurde die Methodenkiste weit geöffnet. Den Schwerpunkt bildeten dabei Tools und Werkzeuge, die im Rahmen von Trainings und Workshops angewendet werden können, um die eigene Position in einer Machtauseinandersetzung systematisch zu analysieren, eigene Ziele und Strategien in der Auseinandersetzung nicht dem Zufall zu überlassen, sondern umfassend zu definieren und zu planen, und schließlich auch operative Strategiepfade in Machtspielen gemeinsam entwickeln zu können.

Seminarziel – Orientierung und Systematik im Machtspiel

Neun Leitfragen bildeten den chronologischen Pfad entlang dessen Inhalte und Methoden für Trainings und Workshops vorgestellt und durchgearbeitet wurden. Diese Fragestellungen sind auch die visuelle Grundstruktur für die Dokumentation aller Seminarinhalte und -methoden in einem Padlet, das den Teilnehmenden des Seminars als facettenreiche Quelle von Materialien für die eigene Trainer:innen-Tätigkeit zur Verfügung steht.

Ausschnitt aus dem Padlet

Weitere Einheiten dienten dazu, mit den kennengelernten Inhalten und Methoden an zumindest einer Trainingssequenz im eigenen Anwendungsgebiet zu arbeiten. Ziel war ein ganz konkreter Designabschnitt mit Lernzielen zum Thema. In Tandems gab es die Gelegenheit die Ergebnisse zu reflektieren. Einzelne Teilnehmende hatten auch die Chance solche Sequenzen im Training durchzuspielen.

Alle im Seminar angewendeten Methoden wurden zusätzlich parallel in einem Methodenpool dokumentiert, der als Stichwortkatalog für die Erstellung des jeweils eigenen Trainings- und Workshopsdesigns dienen kann.

Immer mit auf dem Trainingsfeld: Eine Betriebsrats-Gegenmachtgeschichte mit Impulskraft für die Seminarplanung

Begleitet haben uns während des Seminars auch Zoran und sein Betriebsratsteam. Sie spielen die Hauptrolle im VÖGB/AK-Skriptum „Mach dich stark als Betriebsrat“. In einer fiktiven – aber real aus dem betrieblichen Leben gegriffenen – Geschichte geht es darum, wie es das Betriebsratsteam von Zoran, Margit, Simon, Marina und Karl gemeinsam mit den Gewerkschaftssekretärinnen Silvia und Andrea schafft, zu einem durchschlagskräftigen Machtfaktor im Betrieb zu werden. Das Skriptum ist auch zu einem Handbuch mit vielen methodischen Hinweisen und Hintergrundinformationen geworden. Und ganz wichtig: Die Geschichte, die den Rahmen bildet, geht gut aus. Sie hat ein Happy End… wie unser Seminar im März 🙂

Cover des VÖGB-Skripts PGA03

Frei zugängliche Materialien

Trainer:in: Tanja Dobart und Gerhard Gstöttner-Hofer

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Ein Gedanke zu „Den Zug zum Tor trainieren

  1. Werner Drizhal

    Interessant , dass im obersten Schaubild „Beteiligung und Mitwirkung“ direkt nicht vorkommt. Aus meiner Sicht das wesentliche Manko unserer Organisationen. Ohne „DEM“ keine Gegenmacht.

    Antworten

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