#mm: ABC-Liste…

…zum Verankern von Lerninhalten

Ein Blatt Papier mit dem Alphabet am linken Rand von oben nach unten. Das soll eine Lernhilfe sein und noch dazu bei ganz unterschiedlichen Lerninhalten funktionieren? Ich war skeptisch und musste das ausprobieren, allein für mich und mit Kleingruppen. Inzwischen bin ich ein Fan der Methode.

Probiert es aus!

Eine angefangene ABC-Liste mit unserem Beitragsthema

Nehmt ein DIN A4-Blatt mit einer Fragestellung, die euch gerade beschäftigt. Ihr könnt auch die Frage nehmen: „Wie können wir Gelerntes verankern?“. Dann geht es los! Die Reihenfolge spielt keine Rolle. Bleibt nicht bei einem Buchstaben, sondern geht im Alphabet immer auf und ab, bis euch etwas einfällt und dann sofort notieren. Denkt in diesem Stadium nicht daran, wie sinnvoll die Formulierung ist. Ihr werdet euch wundern, wie viele Begriffe nach ein paar Minuten auf dem Papier stehen.

Verankern mit ABC-Listen

Am Ende eines Seminars stehen zwei bis vier Teilnehmer*innen um ein Flipchart mit dem Alphabet und dem Thema der Schulung. Aufgabe: Versucht möglichst zu jedem Buchstaben ein Wort zu finden, das mit unserem Thema heute zu tun hat. Ich lasse das fünf bis zehn Minuten laufen. Es ist nicht nötig, dass die Liste ganz gefüllt ist, auch wenn manche Gruppen in dieser Richtung Ehrgeiz entwickeln. Als Abschluss können die wichtigsten drei Punkte gekennzeichnet werden. Das erfordert eine Diskussion in der Kleingruppe. Eine mir liebgewonnene Alternative: Ich lasse die gefüllten Listen austauschen. Auftrag für die Kleingruppen mit einer fremden Liste: Kennzeichnet mit einem Fragezeichen, wo ihr Erklärung braucht und unterstreicht die drei für euch wichtigsten Punkte in der fremden Liste. So kommen die Listen noch einmal ins Plenum. Die Gruppe begründen ganz kurz ihre Wahl.


Tipps für die Durchführung im Seminar

Am Ende eines Train-the-Trainer-Seminars mit dem Titel „LernArt“ füllen Teilnehmer*innen eine Abc-Liste.

ABC-Listen funktionieren wie Zuruflisten. Drei zusätzliche Tipps erleichtern die Arbeit.

  • Schreibt das Alphabet auf dem Flipchart-Blatt vor. Es sollen wirklich alle 26 Zeilen + Überschrift auf einem Blatt stehen. Das braucht etwas Übung. Wenn man zwei Blätter braucht, stört das Umblättern. Das macht die Anwendung im Online-Seminar etwas schwierig.
  • Achtet darauf, dass die Gruppen nicht brav einen Buchstaben nach dem anderen „bearbeiten“. Da entsteht wenig Dynamik. Wildes Assoziieren und ein wenig Durcheinander gehören zur ABC-Liste!
  • Mehrere Begriffe zu einem Buchstaben stören nicht!

Wie funktioniert das?

Am Ende eines Lernprozesses erinnern sich Lernende mit Hilfe von ABC-Listen an mehr Inhalte als ohne diese Hilfestellung. Warum ist das so? Vereinfacht gesagt: Wir geben unserem Gehirn gleichzeitig zwei unterschiedliche Suchaufgaben. Wenn die eine Suche „Erinnere dich an das, was wir zum Thema gelernt haben!“ langsam nicht mehr fündig wird, kommt die zweite dazu: Gibt es vielleicht etwas mit K? Mit L? Mit M? In einer kleinen Gruppe wird das durch das gemeinsame Suchen und Assoziieren noch effektiver. Nicht das Produkt, die fertige Liste, ist für das Verankern entscheidend, sondern das, was während des Erstellens in unseren Köpfen vor sich geht. Lerninhalte werden vor dem schnellen Vergessen bewahrt und mit Wissen, das schon vorhanden ist, assoziativ verknüpft.

Andere Anwendungen der ABC-Liste

ABC-Listen als Start-Methode beschreibt Nicola Sekler in einem allgemeinen Beitrag über die ABC-Listen in dieser Blog-Reihe. Sie sind „… ein guter Einstieg in ein Thema. Mithilfe des Alphabets als Inspiration werden die TeilnehmerInnen gebeten, für jeden Buchstaben einen Begriff zu finden, der mit diesem Buchstaben anfängt und einen Bezug zu dem vorgegebenen Thema hat. Ausgangspunkt für die Sammlung kann entweder das gesamte Alphabet sein – dann müssen Begriffe gefunden werden von A bis Z; Alternativ kann auch ein zentraler Begriff aus dem Thema oder aber das Thema selbst als Sammelgrundlage genommen werden.“

ABC-Listen als Kreativmethode für Einzelpersonen und Gruppen. Das erste Mal setzte ich die Blätter mit dem ABC drauf ein, als es darum ging, dass Mitarbeiter*innen eines Discounters neue Wege in der Kundenbindung finden sollten. Eine der Rahmenbedingungen war ganz knappe Zeit: „Gibt es Methoden, mit denen man in 20 Minuten neue Ideen entwickeln kann?“ Da ist die ABC-Liste unschlagbar, wenn man nach Füllung der Listen (da geht es um die Quantität der Einfälle), ganz schnell die wenigen Ideen auswählt, an denen eine Weiterarbeit sinnvoll ist.
Das Vorgehen lässt sich auf gewerkschaftliche Bildungsarbeit übertragen. „Wie bringen wir Jugendliche dazu, sich für Gewerkschaften zu interessieren?“ oder „Gemeinschaftsgefühl im Arbeitskampf – aber wie?“ oder „Wie vermittle ich Arbeitsrecht spannend?“

Im „Kreativeinsatz“: Eine Gruppe mit einer „fremden“ Liste sucht nach Begriffen zur Weiterarbeit.

Wer hat’s erfunden?

Vera F. Birkenbihl (1946 – 2011) hat die ABC-Listen wie viele andere unkonventionelle Lehr- und Lernmethoden im deutschsprachigen Raum verbreitet. Sie liefert auch die Erklärung, wie und warum so ein Vorgehen funktioniert.

Weitere Infos

Autor: Ulli Lipp

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