Allround-Methode mit kleinen Tücken
Das Blitzlicht gehört zur methodischen Grundausstattung von Referent*innen und Moderator*innen. Der große Vorteil: Alle kommen kurz zu Wort. Eine Frage wird der Reihe nach von den Teilnehmer*innen beantwortet. Auf den ersten Blick ganz simpel und doch ist das Blitzlicht eine Methode mit kleinen Tücken.
Anwendungsbeispiele
- Zum Verankern und Sichern: Am Ende eines Themenblocks (hier Gruppendynamik) steht auf dem Flip-Chart: Welchen Gedanken aus der Thematik nehme ich für mich mit?
- Erwartungsabfrage: Der Hauptgrund für meine Anmeldung… oder: Das möchte ich hier erfahren...
- Zur Vorbereitung einer Gruppenentscheidung zwischen mehreren Varianten: Ich tendiere im Moment zu Variante… Mein Hauptargument ist…
- Zum Sammeln von Informationen: So aktiviere ich bisher schon meine Teilnehmerinnen…
- Als Intervention bei Störungen: Ich habe das Gefühl, dass wir im Moment viel Energie verlieren. Geht es euch auch so? Was können wir dagegen tun? (Ich-Botschaft und Blitzlicht danach.)
- Als Lerncheck nach einer Einheit: Statt der Floskel „Gibt’s noch Fragen?“, die meist unbeantwortet bleibt, ein Blitzlicht „Ist noch etwas offen? Wo braucht ihr noch ein Beispiel?“ und reihum eine ganz kurze Antwort von allen. („Verständnisquittung“)
Das sind nur einige der vielen Anwendungsmöglichkeiten des Blitzlichts. Gleichzeitig ist das schon eine der Tücken: Es wird inflationär eingesetzt – und reiht sich damit in die „Nervigen Methoden“ ein…
Bewährt hat sich beim Blitzlicht …
…die Frage oder den Satzanfang auf ein Flip-Chart zu schreiben
…aufkommende Diskussionen elegant abzuwürgen („Lasst zuerst jeden zu Wort kommen, wir können dann später diskutieren“)
…eine Minute Zeit zum Überlegen zu geben, bis es losgeht
…Bewertungen und Kommentare zu vermeiden und allenfalls ganz neutrales Feedback zu geben (nicken, danke, ja…)
…immer wieder darauf zu achten, dass es wirklich flott geht und die Statements kurz sind. Manchmal sage ich: „Ein Satz ist frei, der zweite kostet!“
Tücken und Tipps
Das Blitzlicht hat Allergiepotential. Nicht wenige Teilnehmer*innen haben die Methode in langen, ermüdenden Runden, in denen sie genötigt wurden, über die eigene Befindlichkeit zu reden, kennen und fürchten gelernt. Ich vermeide schon das Wort Blitzlicht (wie generell Methodennamen). Stattdessen: „Ich möchte gerne von allen dazu ein kurzes Statement hören, schnell, reihum und und ohne Diskussion!“
Die Länge einer Blitzlichtrunde wächst mit der Zahl der Teilnehmer*innen. Aus meiner Erfahrung wird es schon ab zwölf Leuten kritisch. Es dauert zu lange und es gibt viele Wiederholungen. In größeren Gruppen lasse ich manchmal jeden dritten drankommen, um einen Überblick zu erhalten. Besser: Vor dem Blitzlicht gibt es eine kurze Murmelgruppe/Minikonferenz, in der zwei bis drei Leute ein gemeinsames Statement diskutieren.
Manche bekommen die Krise, wenn das Blitzlicht im Sesselkreis langsam auf sie zukommt und sie dann etwas sagen müssen. Ausweg: Wer nicht will, sagt einfach „weiter“.
Was ich am Blitzlicht schätze
Ich kann das Blitzlicht spontan einsetzen. Die ganze Vorbereitung besteht darin, die Frage oder den Satzanfang auf ein Flipchart zu schreiben. In einem offenen Train-the-Trainer-Seminar stelle ich fest: Es gibt in der Gruppe ganz unterschiedliche Wege, Feedback für Seminare einzuholen. Ich möchte für mich und die Teilnehmer*innen einen Überblick bekommen. Deshalb schreibe ich auf das Flipchart: „Wann und wie holt ihr am Ende und nach einer Veranstaltung Feedback ein?“ und lasse dann das Blitzlicht durchlaufen.
Eine Besonderheit des Blitzlichts: In der Regel werden Antworten nicht dokumentiert. Manchmal ist das ein Nachteil, weil gute Ideen oder Anregungen (zum Beispiel im Feedback) nicht festgehalten werden. Oft ist das aber ein Vorteil: Nur mündlich sind die Statements spontaner und offener. Niemand muss sich festlegen. Das ist in Workshops hilfreich, wenn es darum geht, Argumente und Meinungen bei der Erarbeitung eines gemeinsamen Ergebnisses auszutauschen.
online …
…funktioniert das Blitzlicht wie im Präsenzmodus bis auf einen wesentlichen Unterschied: Im Seminarraum ergibt sich die Reihenfolge aus der Sitzposition. Online sehen alle die Kamerabilder mit den Teilnehmer*innen in einer anderen Reihenfolge. Deshalb wird die Reihenfolge festgelegt. Das ist eine zusätzliche Visualisierung oder ihr benutzt einen digitalen Zufallsgenerator wie zum Beispiel das Random-Picker-Wheel. Eine digitale Variante des Blitzlichts (online wie in Präsenz) lässt sich mit dem Tool Mentimeter durchführen: Alle antworten gleichzeitig und schriftlich mit dem Smartphone.
Viele Kolleg*innen verwenden das Blitzlicht für Start- und Schlusssituationen. Die vielfältigen Varianten dazu gibt es in einem eigenen Blogbeitrag.
Autor: Ulli Lipp
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