Habt ihr schon von den Kulturlotsinnen gehört? Oder vom Frauenpolitischen Lehrgang? Wusstet ihr, dass es in jedem Bundesland eine Gewerkschaftsschule gibt – die noch dazu jedes Gewerkschaftsmitglied absolvieren kann? Die GEB (Gewerkschaftliche Erwachsenenbildung) bietet eine Fülle an Seminaren und Lehrgängen für unterschiedliche Zielgruppen. Wer bietet nun konkret was? Für wen? Wer sind die „Player“ in der GEB? Sabine Letz hat den Überblick und navigiert uns durch die gewerkschaftliche Bildungslandschaft.
Gewerkschaften als Wegbereiter
Gewerkschaften bieten ihren Betriebsrät:innen und Personalvertreter:innen eine Basisbildung in Form von Grundkursen. Darüber hinaus organisieren sie branchenspezifische Seminare und Lehrgänge. Das hat mehrere Vorteile: Sie sind die erste Anlaufstelle, um überhaupt mit gewerkschaftlicher Bildung in Berührung zu kommen. Und sie tragen den unterschiedlichen betrieblichen Realitäten mit spezifischen Seminaren Rechnung.
Bildungsrat: Gemeinsam neue Wege festlegen
Die grundlegende Abstimmung zwischen allen Bildungsverantwortlichen in Gewerkschaften, Arbeiterkammern und VÖGB (Zentrale und Länder) erfolgt in Gremien, Sitzungen und Arbeitsgruppen, wie zum Beispiel dem Bildungsrat. So haben etwa 2018 alle Akteur:innen der GEB gemeinsam ausgearbeitet, wie sie „Gegenmacht“ in ihrer Bildungsarbeit umsetzen können. Trotz – oder gerade wegen – unterschiedlicher Angebote ist in der GEB enge Teamarbeit und Koordination zwischen den Playern wesentlich.
VÖGB als Dachverband
Damit gewerkschaftspolitische Bildung als ein wichtiger Teil in der Landschaft der Erwachsenenbildung wahrgenommen wird, wurde 1977 der VÖGB (Verband Österreichischer Gewerkschaftlicher Bildung)als Dachverband gegründet. Der VÖGB richtet sich mit seinen Bildungsangeboten in erster Linie an alle jene Betriebsrät:innen und Personalvertreter:innen, die in der Arbeitnehmer:innenvertretung tätig sind. Diese österreichweiten zentralen Angebote bauen als weiterführende Seminare in den Bereichen Soziale Kompetenz und Recht, Politik und Wirtschaft branchenübergreifend auf die Grundkurse der Gewerkschaften auf.
Angebote für bestimmte Zielgruppen
Zusätzlich bietet der VÖGB Angebote für bestimmte Zielgruppen. So gibt es Lehrgänge für Behindertenvertrauenspersonen, für Betriebsrät:innen im Aufsichtsrat und den Frauenpolitischen Lehrgang. Sämtliche dieser zentralen Angebote werden gemeinsam mit der Arbeiterkammer Wien (bzw. der Arbeiterkammer Österreich) durchgeführt.
Weiters bieten Arbeiterkammern auf Basis des gesetzlichen Auftrags Seminare für Laienrichter:innen und Sicherheitsvertrauenspersonen (SVP) an.
Lehrgänge für intensives Lernen
Gemeinsam mit der Arbeiterkammer Wien organisiert der VÖGB die 3-monatige Betriebsrät:innenakademie (BRAK) und die 10-monatige Sozialakademie (SOZAK). Betriebsrät:innenakademien gibt es auch in Niederösterreich, der Steiermark, Oberösterreich sowie das Biwest-Betriebsräte-Kolleg in Innsbruck.
Weiterbildungen für Referent:innen und Trainer:innen
Ein besonderes Angebot stellt die Referent:innenakademie (REFAK) von VÖGB und AK dar: Sie bietet Weiterbildungen für Referent:innen und Trainer:innen, um sie bestmöglich in ihrer Arbeit als Erwachsenenbildner:innen in der GEB zu unterstützen.
Angebote in den Bundesländern
Auch in den Bundesländern gibt es regional angebotene Seminare. Hervorzuheben sind hier die zweijährigen Gewerkschaftsschulen an mehreren Standorten in jedem Bundesland. Im Gegensatz zu BRAK und SOZAK, wo die Betriebsrät:innen und Personalvertreter:innen von den Gewerkschaften zu den Lehrgängen nominiert werden, ist die Teilnahme an der Gewerkschaftsschule auch für interessierte Gewerkschaftsmitglieder ohne Funktion möglich.
Eine wesentliche Basis der Bildungsarbeit stellen die VÖGB/AK Skripten dar. Sie dienen als unterstützendes Material bei Seminaren und Lehrgängen, sind aber auch für Interessierte auf der VÖGB-Website verfügbar.
Bildungsarbeit über Grenzen hinweg
Die grenzüberschreitende gewerkschaftliche Bildungsarbeit war immer schon von großer Bedeutung. Gemeinsam mit dem Europäischen Gewerkschaftsinstitut (European Trade Union Institute – etui) bietet der VÖGB mit und für Gewerkschafter:innen Seminare in ganz Europa an.
Kulturlots:innen: Kulturvermittlung am Arbeitsplatz
Kulturarbeit wird seit jeher auch als Bildungsarbeit verstanden. Daher gibt es auch hier ein vielfältiges Angebot, das vor allem in Wien und Graz durch die Arbeit der gewerkschaftlichen Kulturlots:innen ein breites Angebot ermöglicht – von Theaterbesuchen, Führungen und Blicken hinter die Kulissen der Kulturarbeit. Ziel ist es, Barrieren zwischen Arbeitnehmer:innen und Kulturinstituionen abzubauen und bewusst zu machen, dass der Kunst- und Kulturgenuss allen gleichermaßen zusteht.
Zusätzlich organisieren VÖGB, Gewerkschaften und Arbeiterkammern zu unterschiedlichen Themen eine Reihe an Veranstaltungen für Gewerkschaftsmitglieder und gewerkschafts- und gesellschaftspolitisch Interessierte.
Die Prämisse bleibt: vom Wissen ins Tun
Gewerkschaftliche Bildungsarbeit wird laufend weiterentwickelt. Die Inhalte und Methoden, aber auch die unterschiedlichen Settings und Formate werden permanent kritisch hinterfragt und neu konzipiert. Durch die Pandemie wurde dieser Trend noch verstärkt. So haben zum Beispiel Online-Formate Einzug in die Bildungsarbeit gehalten.
Eines bleibt jedoch bei aller Veränderung bestehen: die Veränderbarkeit der Verhältnisse zum Gegenstand der Bildung zu machen und gemeinsam und mit den geeigneten Werkzeugen gestärkt vom „Wissen zum Tun“ zu gelangen.
Autorin: Sabine Letz
Illustration: Julia Stern
Nächstes Mal: Solidarität – ähm, bitte was?
Was bedeutet eigentlich Solidarität in der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit? Klar, Solidarität ist ein Grundwert, ohne Solidarität keine Gewerkschaftsarbeit. So selbstverständlich wir den Begriff feiern, so viele „Ähm …“ ernten wir bei der Frage nach seiner Bedeutung. Ulli Lipp und Helmut Ruß bohren hier nach, sehr direkt und ungeschminkt.
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