Fünf Irrtümer über Feedback …

… in Seminar- und Trainingsettings

Irrtum 1: Feedback ist immer ein Geschenk!

Ich habe zu viele schlechte Feedbacks erlebt und beobachtet. Solche, die vernichtend sind und nur an Niederlagen wie die Fünf in Latein in der Schule erinnern oder auch Rückmeldungen, die nur pauschal loben: „Dein Auftritt hat mich überzeugt.“ Das ist kein Geschenk und hilft niemandem weiter. Richtig ist beim Feedback geben: Wie kann ich mein Feedback so formulieren, dass mein Gegenüber das als hilfreiches Geschenk empfinden kann?

Irrtum 2: Feedback hat immer ausgewogen zu sein

Positiv und negativ, Stärken und Schwächen. Ich mag das reine Stärken-Feedback. Es hat zu Unrecht einen schlechten Ruf, als wäre es nur für „Weicheier“. Beim Stärken-Feedback ist von Anfang an klar: In dieser Runde werden nur Stärken angesprochen und zwar möglichst präzise. Zum Beispiel: „Du setzt die Sprechpausen sehr wirkungsvoll zum kurzen Nachdenken ein, damit sich ein Gedanke setzen kann.“ Oder: „Deine rhetorischen Fragen schaffen Struktur und machen neugierig.“ Konkrete Beispiele bzw. Zitate verstärken die Wirkung solcher positiver Rückmeldungen.
Das Besondere an reinen Stärken Feedbecks: Es ist leichter, Stärken zu stärken und bewusst einzusetzen als Schwächen zu beheben.
Dass ein rein negatives Feedback auch den vermeintlich „harten Hund“ nicht aufbaut, der das verlangt („Nehmen Sie mich hart ran!“) , ist ein Erfahrungswert.

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07.05.2024: Feedbacks – vom ungeliebten Ritual zum Lernmotor. Tools, Strategien und Tipps für den Referent:innen-Alltag

Irrtum 3: Durchgängig Blickkontakt

In Europa an intensiven Blickkontakt im Feedback-Gespräch gewohnt, war ich erstaunt und verunsichert, als ich in Vietnam nur ganz spärlich Augenkontakt zu Feedbacknehmer:innen herstellen konnte. Der Grund: Die Teilnehmer:innen schrieben eifrig beim Feedback mit. Die Konsequenz: Pausen setzen und auch einmal warten, bis der Blick sich von den Mitschriften hebt. Grundsätzlich unterstützt das Mitschreiben von Feedbacks das Lernen. Ich konnte sogar beobachten, dass Feedbacknehmer:innen nach dem kollegialen Feedback sich zurückzogen und sich aus den Mitschriften die individuelle Quintessenz für sich selbst herausarbeiteten.

Irrtum 4: Nutze jede Gelegenheit für Feedback!

Mitunter werden Feedbackrunden zu viel! Teilnehmer:innen sollen auch die Möglichkeit haben, etwas ohne den kritischen Blick und Kommentar von anderen auszuprobieren. Dazu kommt: Hilfreiches Feedback dauert und die Zeit im Seminar ist ein wertvolles Gut. Also lieber weniger Feedbackrunden, die aber dafür intensiv.

Irrtum 5: Feedback sollte möglichst umfassend sein.

Rückmeldungen, die möglichst viele oder gar alle Aspekte berücksichtigen wollen, überfordern beim Feedback geben wie beim Feedback erhalten. Nehmen wir als Beispiel eine Übungspräsentation mit PowerPoint: Wir können nicht gleichzeitig Sprache, Körpersprache, Gestaltung der Slides, Geschwindigkeit, Aktivierung, Struktur, Blickkontakt …. beobachten. Besser ist es, sich auf einzelne, wenige Aspekte zu konzentrieren.

Autor: Ulli Lipp

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