Bildung in Zeiten von Corona – Teil 11

Digitale Kulturangebote in Zeiten der Ausgangsbeschränkung

CC REFAK

Könnt ihr euch noch erinnern? Es war einmal eine Zeit, noch gar nicht lange her, da gab es eine Menge digitaler Kultur zu entdecken (hier findest du sie). Täglich ploppten neue Angebote auf, eine originelle Online-Veranstaltung jagte die andere. Es schien kaum möglich, für alles Interessante überhaupt Zeit zu finden. Der Bedarf kam recht abrupt zum Erliegen, war es doch wieder möglich, „richtig“ ins Theater oder Museum zu gehen.

Und jetzt ist es wieder passiert, die Realität hat uns eingeholt und überholt. Wir sind mitten in der Wiederauflage der Covid-Ausgangsbeschränkungen. Dieses Mal sind nicht alle Bereiche des gemeinschaftlichen Lebens betroffen, aber doch große Teile davon. So befindet sich die österreichische Kulturszene bis – vorerst – 30. November wieder in einer Zwangspause. Und wieder lässt sie sich nicht unterkriegen und legt kreative Online-Zeugnisse ihres Wertes ab. Hier findet ihr einige besondere Highlights, die exemplarisch für die Fülle, Vielfalt und Originalität der digitalen Kulturangebote stehen:

brut

Die KollegInnen vom brut waren wirklich emsig. Trotz Vorstellungsabsagen stehen in vier unterschiedlichen Liveformaten Performance, Tanz und Theater auf dem Spielplan für zu Hause. Da sind z.B. die Rabtaldirndln im Screening inkl. Talk zu sehen, Pia Hierzegger ist mit „Zu Gast – ein Online-Talkshowkonzentrat“ live aktiv und die nestroyprämierte Kulttruppe Nesterval ist auch wieder online. So sieht Kulturarbeit am Puls der Zeit aus: brut Programm.

ZU GAST – ein Talkshowkonzentrat mit Pia Hierzegger und Gästen © Erli Grünzweil

Wien modern

Kaum hatte das jährliche Festival für neue Musik Wien Modern am 29. Oktober begonnen, schon hieß es Schluss mit Live-Konzerten. Das Festival macht kurzerhand den Großteil seines Programms kostenlos online zugänglich. Das Wien Modern Finale findet in einer „noch zu bestimmenden Form“ online am 29. November statt. Es darf mit Spannung hier erwartet werden.

Beethoven.vor.Ort

Wirklich angemessen würdigen konnten wir den Ausnahmekomponisten Ludwig van Beethoven in seinem Jubiläumsjahr kaum. Aber noch ist das Jahr nicht um. Die virtuelle Entdeckungsreise „Beethoven.vor.Ort“ der Österreichischen Mediathek kommt wie gerufen. Neben historischen Aufnahmen wird spannenden Fragen nachgegangen: wie lebte Beethoven und wie finanzierte er seinen Lebensunterhalt? Wie gestalteten sich Mietverhältnisse in einer der damals größten Städte Europas? Wo konnte man damals seinen neuesten Werken lauschen? Jetzt kann man frühen wie späten Werken hier lauschen.

Face it!

Eine Ausstellung des Wien Museum kann Open Air besichtigt werden. „Face it!“ besteht aus 18 Porträts von Menschen mit dem sichtbarsten Zeichen der Pandemie, dem Mund-Nasen-Schutz und Interviews über das persönliche Erleben der Situation. Es sind Momentaufnahmen aus einer Zeit, wie wir sie bis vor Kurzem für undenkbar gehalten hätten. Zu sehen bis 10 Januar 2021 am Karlsplatz, Wien Museum Open Air.

Vienna Art Week

Auch die Vienna Art Week hat es voll erwischt. Das Kunstfestival hätte heuer wieder von 13. bis 20. November stattfinden sollen – und das wird auch in Pandemiezeiten der Fall sein, nämlich virtuell. Unter dem Motto „Gemeinsam Flagge für die Kunst und Kultur zeigen“ wird ein großer Teil der geplanten Vorhaben ins Netz verlagert. So werden alle geplanten Gespräche mit Kulturschaffenden zum vorgesehenen Zeitpunkt als Zoom-Talk abgehalten. Die geplante Ausstellung im House of Rituals wird ohne Publikum über die Bühne gehen und online erlebbar gemacht.

Lotte Brainin

Der Wiener Widerstandskämpferin und Shoah-Überlebenden Lotte Brainin ist eine virtuelle Ausstellung zum 100. Geburtstag gewidmet. Die von Multimediakünstlerin Marika Schmiedt gestaltete Ausstellung mit zahlreichen Bild-, Text- und Tondokumenten ist hier zu sehen.

Kino VOD Club

Grandiose Filme zum Streamen bietet weiterhin der Kino VOD Club, eine Initiative gemeinsam mit österreichischen Kinos, ProduzentInnen und FilmemacherInnen. Mit jedem VOD-Ticket unterstützt ihr ebendiese AkteurInnen. Stöbert hier ein bisschen in den Kuratierungen! Diese reichen von Thomas Stipsits bis zum Stadtkino Wien VOD Club.

Wiener Stimmung

Die „Wiener Stimmung“ brachte dem Bugtheater eine Nestroynominierung ein. AutorInnen aus Österreich wurden eingeladen, aktuelle Monologe zu schreiben. Diese wurden vom Burgtheater Ensemble in Isolation umgesetzt und nach und nach von April bis Juli 2020 online gestellt. Ein Beispiel zum Einstieg? Wiener Stimmung Folge 13: „Virus im Pelz“, Florian Teichtmeister als Zahlenmystiker Gerry Hodscha in einem Text von Fahim Amir. Aluhut oder kein Aluhut, das ist hier die Frage.

Museum der Träume. Der literarische Museumsguide

Mit Literatur geht’s weiter: Eine außergewöhnliche Entdeckungsreise zu den großen Themen der Kunst bietet das „Museum der Träume. Der literarische Museumsguide„. Jacqueline Kornmüller und Peter Wolf, die ProduzentInnen der Ganymed-Inszenierungen, haben SchriftstellerInnen eingeladen, zu jeweils einem Gemälde des Kunsthistorischen Museums einen Text zu verfassen. Spannende und aktuelle Zugänge zur Malerei sind unter anderen hier zu finden bei: Maja Haderlapp, Peter Handke, Clemens Setz, Juli Zeh. Gesprochen werden die Texte vom who-is-who der Wiener Theaterszene.

Und nun Hand auf’s Herz

Bestimmt sind euch im Lauf des Sommers einige virtuelle Angebote durch die Lappen gegangen. Oder ihr habt interessante Projekte nicht weiterverfolgt. Manchmal geht uns einfach die Puste aus. Erinnert ihr euch an „dubistkunst“? Der KulturMontag des ORF lud zur Fotochallenge: stelle ein Kunstwerk nach und werde selbst zur Kunst. Die GewinnerInnen dieses Reenactments sind zu einfallsreich, um nicht gesehen zu werden: hier.

© Andreas Kandler/ORF sicherte sich auf den Spuren von Gustav Klimt den ersten Platz

Gibt’s auch was für Gruppen?

Es gibt tolle digitale Exklusivangebote für Gruppen! Die Albertina und das Kunstforum Wien bieten interaktive Kunstgespräche an. Via Zoom kommen die KunstvermittlerInnen zu uns und führen uns digital durch die Ausstellungen.

Wer sich ein Bild davon machen möchte: am 24. November, 17:00 Uhr, könnt ihr mit mir „My Generation. Die Sammlung Jablonka“ in der Albertina erkunden. Die Kosten für die Online-Führung übernimmt der VÖGB. Anmeldung ist unter sandra.trimmel@oegb.at möglich.

Wer solch eine Führung buchen möchte – zur Abrundung eines Online-Seminares z.B. – der wende sich vertrauensvoll an uns KulturlotsInnen. Das Angebot wird es auch in der Zeit nach den Ausgangsbeschränkungen geben, zusätzlich zu den heiß ersehnten Live-Besuchen. Und zur Vorbereitung auf den Stadtspaziergang, den ihr vielleicht in mittelnaher Zukunft mit SeminarteilnehmerInnen macht, seien euch die Gewerkschaftlichen Stadtrundgänge ans Herz gelegt. Es gibt zwei unterschiedliche Routen: Die Gründungsroute des ÖGB und die Gewerkschaftliche Frauengeschichte. Zu beiden Routen gibt es Pläne in Druckversion, die wir euch gerne postalisch zukommen lasse. Buchungen für Gruppen nehmen wir sowieso gerne jederzeit in Empfang. Die Kosten für die Gruppenführung übernimmt der VÖGB.

Für Fragen und Anregungen sind wir unter kultur@oegb.at oder 01/534 44 39251 für euch erreichbar. Auf unserer Homepage findet ihr eine Sammlung zu Kultur im Netz.

Zu guter Letzt: abonniert den VÖGB-Newsletter für Freizeit & Kultur: Dann lest ihr jede Woche aufs Neue von uns KulturlotsInnen. Das wäre doch fantastisch, stimmt’s?

Autorin: Sandra Trimmel

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