#dido_41: Seminargruppen organisieren leicht gemacht: die Macht der Onlinetabellen

Am Anfang steht die Gruppe

Seminare und Webinare gestalten bedeutet, eine Gruppe von Teilnehmer*innen zu leiten bzw. sie bei ihren Lernprozessen zu begleiten. Neben einer entsprechenden pädagogischen Haltung und geeigneten Methoden braucht es dafür vor allem auch Organisation, um Klarheit zu schaffen und sichtbar zu machen: Wer ist hier? Wer sind die Teilnehmenden? Welche Erwartungen und Interessen bringen diejenigen mit, die hier sind und wie können sie in Kontakt bleiben? Zur Unterstützung der Selbst-/Organisation der Gruppe bieten sich recht simple digitale Tools an. Welche es gibt und wie man sie einsetzt – das erfährst du in diesem #dido! 

Wer ist “die Gruppe” oder: Wir brauchen Daten, um die Teilnehmer*innen zu organisieren 

Als Trainer*in weißt du üblicherweise anhand von Teilnehmer*innenlisten, die dir zur Verfügung gestellt werden, wer aller im Seminar/Webinar sein wird, das du gerade planst oder das in den nächsten Tagen beginnen wird. Die Informationen über die Teilnehmer*innen sind dabei meist reduziert (und das zurecht, DSGVO!). Oft kann es aber Sinn machen, bereits vor oder dann spätestens im Seminar/Webinar, diese Informationen anzureichern, insbesondere, wenn du digitale Tools einsetzt.

Digitale Kommunikation: Ohne Link ist alles nichts 

Warum gerade dann? Um mit Teilnehmer*innen Quizzes machen zu können, ihnen Dokumente oder Präsentationen zur Verfügung zu stellen, sie bei Umfragen zu beteiligen etc., ist vor allem eines wichtig: Du musst in der Lage sein, ihnen Links schicken zu können. Dafür brauchst du zumindest an einer Stelle vor oder während des Seminars/Webinars eine Kontaktmöglichkeit von ihnen, also eine Adresse. Die verbreitetste digitale Adresse, über die heute so gut wie jede*r verfügt, ist die Emailadresse. Als Trainer*in hast du daher ein Interesse an den Emailadressen der Teilnehmer*innen – und zwar an jenen, die sie möglichst jederzeit und überall, also auch im Seminarraum und sowohl auf Notebooks sowie Handys können. 

Ein Mailverteiler mit den Emailadressen aller Gruppenmitglieder, den du als Trainer*in nutzen kannst, ist hilfreich und sinnvoll für deine Kommunikation mit den Teilnehmer*innen. Indem derselbe Verteiler auch allen Teilnehmer*innen in der Gruppe zur Verfügung steht, eignet er sich auch als Knotenpunkt für die Kommunikation und den Austausch der Teilnehmer*innen untereinander.  

“Kollaborative Spreadsheets” aka Onlinetabellen 

Eine simple und seit den Anfängen des kollaborativen digitalen Arbeitens vorhandene Möglichkeit, solche Mailverteiler für die Selbst-/Organisation einer Gruppe zu erstellen, bieten sogenannte Spreadsheets, oder zu Deutsch: Tabellen nach dem Vorbild von Excel. Die Spreadsheets, die sich besonders für den Seminar-/Webinareinsatz eignen, sind cloudbasiert, das heißt, sie stehen online zur Verfügung und viele Nutzer*innen können gleichzeitig auf sie zugreifen (“Collaboration”). Alles, was die Teilnehmer*innen deines Seminars/Webinars dafür benötigen, ist der Link, mit dem sie dein Spreadsheet aufrufen können. Das Spreadsheet, das du auf diese Weise zur Verfügung stellst, bildet damit eine wesentliche Infrastruktur für die Organisation und Kommunikation in der und mit der Gruppe. 

Eine der ersten und wohl auch bekanntesten Plattformen, die die (kostenlose) Einrichtung von und Arbeit mit Spreadsheets ermöglichte, war bzw. ist Google Drive. Mittlerweile gibt es aber auch andere empfehlenswerte Plattformen und Anbieter, die die gleichen Funktionalitäten bereitstellen und das mit einem aus Datenschutzsicht bei Weitem ansprechenderen Zugang. Spreadsheets kannst du so auch einrichten und verwenden, indem du dich bei Nextcloud, in Österreich erhältlich via Cloudfiles oder bei CryptPad registrierst. 

Anwendungsbeispiel 1: “Moderationskoffer Internet” 

Mein erstes Spreadsheet für ein Seminar habe ich gemeinsam mit Guido Brombach im REFAK-Seminar “Moderationskoffer Internet” eingesetzt. Bereits vor dem Seminar war uns klar, dass wir die Teilnehmer*innen mit einer Reihe von Informationen und Links versorgen würden, die diese projektförmig und in Arbeitsgruppen benötigten, um sich digitale Tools sowie ein Verständnis des Digitalen anzueignen. Auch darüber hinaus waren für uns Informationen über die Teilnehmer*innen von Interesse und so nutzten wir das Spreadsheet auch gleich als eine Art Umfragetool, allerdings eines, in dem alle, die darauf zugreifen, die Antworten der anderen, die sich eintragen, sehen können. Wir baten die Seminarveranstalterinnen (die REFAK-Leitung), den Link zu unserem Spreadsheet an die angemeldeten Kolleg*innen auszusenden und formulierten dafür einen Mailtext, in dem wir dazu einluden, sich auf diese Weise in die Gruppe einzutragen. 

Google Spreadsheet, Screenshot Thomas Kreiml, Namen der Teilnehmer*innen geändert, Daten entfernt

Anwendungsbeispiel 2: GPA-Basiskurs online 

Ein anderes Beispiel für ein Spreadsheet, das sich bewährt hat, um Gruppenprozesse zu organisieren und gleichzeitig auch sichtbar zu machen, stammt aus dem Online-Basiskurs für Betriebsratsmitglieder der GPA Vorarlberg, den ich vor knapp einem Jahr begleiten durfte. Pandemiebedingt wurde der Basiskurs als Onlineformat durchgeführt. Das brachte einige spezielle Herausforderungen, aber auch neue Möglichkeiten mit sich. Wichtig war es, ein möglichst beteiligungsorientiertes Onlineformat zu gestalten und mit Terminen über insgesamt fünf Wochen hinweg auch die Vernetzung und Selbstorganisation der Teilnehmer*innen untereinander zu unterstützen bzw. anzuspornen. 

In den Videokonferenzen mit den über 20 Teilnehmer*innen kamen natürlich Breakoutsessions zum Einsatz. Eine der ersten dieser Breakoutsessions war die zufällige Zuteilung der Teilnehmer*innen in Kleingruppen, die gleichzeitig die Gruppenbildung für weiterlaufende Arbeitsgruppen war. Die Teilnehmer*innen erhielten gleich in einer ersten Phase des Kurses die Aufgabe, sich in den Kleingruppen gegenseitig vorzustellen, über ein paar Leitfragen ins Gespräch zu kommen und dann gemeinsam ein vorgefertigtes Spreadsheet auszufüllen. Das Spreadsheet war wie ein Formular gestaltet, in dem die Teilnehmer*innen sich ihren Gruppen 1 bis 5 zuordnen und ihre Kontaktdaten eintragen konnten. Eine der ersten Aufgaben war es, sich auf einen gemeinsamen Gruppennamen zu einigen und auch diesen in die Onlinetabelle einzutragen. Dabei arbeiteten die 5 fünf Gruppen parallel bzw. synchron, alle unter demselben Link.  

Der zweite Schritt der Aufgabenstellung war als selbstorganisierte Arbeitsphase bis zum zweiten Termin des Online-Basiskurses konzipiert. Die Teilnehmer*innen sollten ihre Erwartungen an den Kurs besprechen und dann ebenfalls im Bereich ihrer Gruppe in das Spreadsheet eintragen. Die dazu erforderlichen Kontaktdaten hatten sie ja bereits mittels Spreadsheet ausgetauscht. 

Nextcloud Spreadsheet, Screenshot Thomas Kreiml, Namen der Teilnehmer*innen geändert, Daten entfernt)

Wichtig!

Zentrale Faktoren für die proaktive und konstruktive Nutzung dieses Tools sind Freiwilligkeit und Transparenz. Das Zurverfügungstellen von Onlinedokumenten, in denen Informationen aller Gruppenmitglieder abgebildet und nutzbar gemacht werden, ist eine sensible Angelegenheit, für die es ein entsprechendes Commitment und einen vertrauensvollen Rahmen braucht. Die Mindestanforderung dafür sind die Hinweise, wer die Daten wofür und wie lange speichert und verwendet sowie der Hinweis auf die Freiwilligkeit der Bekanntgabe. Die Nutzung von Spreadsheets ist daher immer nur eine Einladung, eine Einladung allerdings, diese Transparenz und dieses Vertrauen auch in der Gruppe zu leben. Wenn das gelingt, kann damit bereits ein wesentlicher Beitrag zu solidarischem Lernen geleistet werden, insofern sich Solidarität vor allem in einer Umgebung bilden kann, die Offenheit und Vertrauen als höchste Güter ansieht. 

Autor: Thomas Kreiml 

Fotocredits Beitragsbild: Gerd Altmann auf Pixabay

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