#mm: Das Lehrgespräch

Miteinander reden und Lernziele erreichen

Auf den ersten Blick schaut das aus wie eine muntere Diskussion in einem Seminar, die ziemlich straff moderiert wird. Das Lehrgespräch ist aber mehr als ein Austausch von Argumenten. Es zielt darauf ab, Lerninhalte mit Vorwissen, Erfahrungen und Einstellungen zu verknüpfen und so die definierten Lernziele zu erreichen. Das geht nur durch konsequente Aktivierung der Teilnehmer:innen. Mehr als 50% der Worte kommen von Teilnehmer:innen. Sie zum Reden bringen, am Reden halten, zwischendurch Lernergebnisse festhalten und verankern, das sind unsere Aufgaben als Referent:innen.

Wie schaut das Lehrgespräch konkret aus?

Die Definition mit den 50% ist natürlich willkürlich und plakativ. Sie gibt aber die Richtung an: Wenn ich zwischendurch meinen Vortrag unterbreche, eine Frage stelle oder ein Blitzlicht rumlaufen lasse, dann ist das immer noch ein Vortrag (mit Aktivierungsinseln, wie es sich gehört). Beim Lehrgespräch haben die Teilnehmer:innen hingegen deutlich mehr Anteil.

Bei mir läuft das so ab: Groß visualisiert kommt das Thema (Beispiel „Solidarität in unseren Seminaren“) auf eine Pinnwand. Ich arbeite gerne mit Mind-Maps, aber das ist Geschmackssache. Ich strukturiere das Gespräch vor und zeige diese Struktur in der Startphase als Hauptäste („Ich möchte mit euch reden über:  1. Eure Erfahrungen von Solidarität in Seminaren. 2. Methodische Tipps in Richtung Solidarität und 3. Was nicht passieren darf, wenn wir Solidarität in einem Seminar haben wollen.“)
Dann bringe ich die Teilnehmer:innen zum  Reden, lenke das Gespräch, wenn es vom Teilthema abdriftet, wiederhole, spitze zu und schreibe dann die wichtigsten Erkenntnisse in die vorbereitete Struktur.

Warum ich das Lehrgespräch gerne einsetze

Lehrgespräche kann ich flexibel einsetzen und gestalten, weil wenig vorgegeben ist. Wer über eine gute Fragetechnik verfügt, spontan Zusammenfassungen auf das Flipchart oder das Notebook bringen kann, der muss das nicht aufwändig vorbereiten. Ich kann mich zurücknehmen, die Teilnehmer:innen reden lassen und trotzdem Lernziele erreichen.

Alternativen zum Lehrgespräch, ohne einen Vortrag zu halten

Wer sicher gehen will, kann natürlich auch die drei Unterthemen in unserem „Solidarität-in-Seminaren-Beispiel“ mit einzelnen Methoden durchführen (Erfahrungen mit Blitzlicht, Tipps in Murmelgruppen auf Karten und No-Gos mit einer Zurufliste).

Stolpersteine und Tipps

  • Kein Wissen und wenig Erfahrung zu dem Thema bei den Teilnehmer:innen. Dann hat das Lehrgespräch keinen Sinn, der Vortrag ist da besser.
  • Falsche Antworten und Beiträge. Richtigstellen, sonst lernen die Teilnehmer:innen etwas Falsches. Macht das vorsichtig und ohne Gesichtsverlust!
  • Schweigende einbinden. Blickkontakt aufnehmen und ansprechen: „Miriam, hast du denn in Seminaren auch schon mal unsolidarisches Verhalten erlebt?“ (Mit aller Vorsicht! Siehe die Warnung unten im Kasten!)

Der heiße Tipp: Seid geizig mit der Zeit! Wenn sich ein Lehrgespräch hinziiiieeehhht, geht Energie verloren. Es muss nicht alles von allen gesagt werden. Wenn etwas nicht aus dem Teilnehmer:innenkreis kommt, ergänzt es einfach.

Wer mehr wissen will

Hermann Will: mini-handbuch Training und Seminar, Beltz-Verlag, Weinheim 2016, Seite 63 bis 70.

Daraus dieser Kasten:

Eine schöne Kurzübersicht über die Methode Lehrgespräch stammt von Karlsruher Institut für Technologie.

Beiträge zum Thema Diskussion

Zur Methode Diskussion gibt es eine ganze Reihe von Blogbeiträgen:
#mm: Schriftliche Diskussion | Schreibgespräch
#mm: Diskussion im Plenum
#mm: Spontane Diskussionen moderieren
#mm: Pro/Contra-Diskussion
#mm: Fishbowl-Diskussion
#mm: Schriftlich argumentieren

Autor: Ulli Lipp

Lust auf mehr? Zu allen Einträgen der Serie #mm kommst du HIER!

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