Das Follow up: Mehr Transfer durch Folgeveranstaltungen
Ziele von Follow ups:
- Vertiefung des Gelernten
- Reflexion von Transfer-Erfahrungen
- „Sanfter Druck“ zum Umsetzen
- Feedback für Trainer*innen
Ein Follow up ist eine mit zeitlichem Abstand durchgeführte Folge-Veranstaltung nach einem Seminar oder einer Schulung. Klassisch schaut das so aus: Drei Tage Training und ein Tag Follow up sechs Monate später.
Follow ups – der Schrecken der Bildungsabteilungen
Follow ups machen Arbeit, im Prinzip genauso viel wie ein eigenes Seminar. Wer Bildungsmaßnahmen organisiert und verwaltet, kennt das. Selbst wenn das Follow up schon vor Beginn der Bildungsmaßnahme fest eingeplant ist, ergeben sich Probleme. Die Teilnehmer*innenzahl wird deutlich kleiner. Manche haben zum Folgetermin schlicht keine Zeit. Sie kommen nicht, weil sie dann eingestehen müssten, dass sie nichts oder wenig umgesetzt haben. Oder sie befürchten, nicht zu profitieren und nichts Neues zu lernen, weil es ja „nur“ um die Aufarbeitung von Erfahrungen der anderen geht.
Am schlimmsten sind die spontanen gewünschten Follow ups. Gerade, wenn ein Training gut läuft, kommt in einer Art „Schlusseuphorie“ schnell der Wunsch auf: Wir sollten uns wieder treffen! Wehe, jemand nimmt das ernst und lädt ein halbes Jahr später die Teilnehmer*innen zum Follow up ein. In der Regel findet das nicht statt. Aber es gibt erfreuliche Ausnahmen, wie unser Beispiel unten zeigt.
Argumente für ein Follow up
- Viele Referent*innen sind unzufrieden mit punktuellen Einzelveranstaltungen. Teilnehmer*innen gehen mit guten Vorsätzen: Ich sollte …. ich könnte… vielleicht wäre … Beim Konjunktiv bleibt es dann auch. Durch eine Folgeveranstaltung erfahren wir Referent*innen, was tatsächlich nach einer Lehrveranstaltung passiert. Der Lernprozess wird verlängert, die Praxis integriert.
- Follow ups rücken den Transfer in den Fokus. Von Anfang an fest eingeplante Follow ups bewirken, dass Teilnehmer*innen wie Trainer*innen den Praxistransfer intensiver planen und ihn beim Lernen gleich „mitdenken“. Jeder weiß, Anwendung des Gelernten und Umsetzung sind fester Bestandteil des Lernprozesses. Da kommt niemand drum herum.
Tipps für Follow ups
- Follow ups von Anfang an einplanen! Es steht schon in der Ausschreibung einer Veranstaltung, dass sie aus zwei Terminen und einer Praxisphase dazwischen besteht. Teilnehmer*innen wissen, worauf sie sich einlassen.
- Teilnehmer*innen legen noch beim ersten Termin fest, was sie ausprobieren wollen. Diese Selbstverpflichtung wird schriftlich festgehalten. Trainer*innen wissen, das und worüber im Follow up berichtet wird. Natürlich können die Themen auch geändert werden.
- Ungefähr zur Hälfte der Praxisphase gibt es ein Erinnerungs-Mail:
- Die Attraktivität von Follow ups steigt durch interessante Themen, die von den Referent*innen eingebracht werden. Teilnehmer*innen können einen Lerngewinn über den Erfahrungsaustausch hinaus erwarten. Ich frage am Ende einer Veranstaltung nach Vertiefungsthemen, die für das Follow up gewünscht werden.
„Versteckte“ Follow ups
- Ideal sind Lehrgänge, die in mehrere Module aufgeteilt sind. Jedes neue Modul beginnt mit einer Reflexion der Praxis seit dem letzten Modul und moderiertem Erfahrungsaustausch.
- Praxis- und Transferreflexion ist auch möglich, wenn ein Feedback-Verfahren erst Monate nach der eigentlichen Veranstaltung durchgeführt wird und dabei die Frage nach der Umsetzung des Gelernten im Mittelpunkt steht.
- Webinare und Online-Treffen, z.B. per Skype – können zwar reale Follow up-Termine nicht gleichwertig ersetzen, aber da der Aufwand für alle Beteiligten deutlich geringer ist, sind sie gute Alternativen. Unsere Erfahrung: Ein virtuelles Treffen muss sehr genau geplant und vorbereitet sein. Moderation ist unbedingt nötig.
Ein Beispiel
Diese vier Pluszeichen auf dem Plakat und entsprechende Anmerkungen in der Abschlussrunde waren Auslöser für ein Follow up zum Seminar „Aus der Praxis – Für die Praxis“ 14 Monate (!!!) nach der ersten Veranstaltung. Die Refak-Leitung war zuerst skeptisch, wollte aber unsere Zuversicht nicht enttäuschen. „Wir brauchen aber mindestens sechs fixe Anmeldungen möglichst schnell!“ Mehr als ein Jahr vor dem Follow up-Termin meldeten sich 7 der 11 Teilnehmer*innen fix für einen halben Tag Follow up an. Ein Erinnerungsmail etwa zur Halbzeit und eine kurze Einladung zwei Wochen vor dem Termin reichten.
Alle 7 kamen, alle waren vorbereitet, auch die, die wenig umsetzen konnten, hatten überlegt, woran das lag. Es gab kurze Präsentationen, darunter ein Song präsentiert als Barfuß-Video.
Die Darstellung und Diskussion der einzelnen Erfahrungen ergaben über das Erinnern an die Inhalte des ersten Termins hinaus einen Anschub, Neues auszuprobieren.
Der Halbtag war mit den Berichten und den Diskussionen zu den Erfahrungen gut gefüllt. Am Ende baten wir um Feedback, speziell zum Format Follow up. Aus den schriftlichen Anmerkungen einige Auszüge im Wortlaut:
- Das Format Follow up ist sinnvoll, weil es mir beim Erinnern und Methoden ergänzen hilft und sehr kompakt ist.
- Bei Vorträgen/Seminaren ist es unheimlich wichtig, Reflexionsschleifen einzubauen.
- …für mich auch eine Art „gelebte Dokumentation“ …
- …konnte mir wieder Präsentationstechniken in Erinnerung rufen – allen voran das „Storytelling“ – welches künftig mit Sicherheit Anwendung finden wird.
- ++ Zeit und Raum, sich auszutauschen und Lösungswege zu finden
- Follw up – super, um nachhaltige Ergebnisse zu erzielen
- Das Format Follow up ist wichtig, weil es mich ermuntert, an den Themen dran zu bleiben und es superspannend ist, was die anderen Teilnehmer*innen draus gemacht haben. Follow up ist eine neue Gedankenstütze für mich.
Autor: Ulli Lipp
Englische Übersetzung findest du hier!
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