Gewerkschaftsschule, SOZAK, BRAK. Lehrgänge in der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit. Von 3 Monaten bis 2 Jahren. Von Vollzeit bis berufsbegleitend. Daneben noch einige „kleinere“ wie FRAPOL, IFAM oder BVP – es gibt Unterschiede und Gemeinsamkeiten, auch auf Ebene der Lehrgangsbegleitung. Gewerkschaftliche Bildung ist immer auch politische Bildung, weshalb neben den (rechtlichen, wirtschaftlichen, politischen etc.) Inhalten der Schwerpunkt auf der Vermittlung der gewerkschaftlichen Werte bzw. der Rollenentwicklung als Betriebsrät:in, Personalvertreter:in und Gewerkschafter:in liegt.
Bildungsziele
Das Ziel gewerkschaftlicher Bildung besteht laut der Geschäftsführerin des VÖGB Sabine Letz darin, das Erlernte immer in Zusammenhang mit dem gesellschaftlichen und politischen Kontext (auch bei vermeintlichen Sachthemen) zu sehen, diesen kritisch zu Hinterfragen, Verbindungen herzustellen und dadurch die Teilhabe und Mitbestimmungsfähigkeit zu erhöhen und zu stärken.
Die BRAK formulierte im Jahr 2015 folgende Bildungsziele, welche die Mitbestimmungs- und Handlungsfähigkeit betonen:
- Politisches Engagement: Bilden einer politischen Meinung, Zivilcourage etc.
- Gewerkschaftliches Engagement: Mitgliederwerbung, Multiplikator:in sein, Gremienarbeit
- Engagement auf der betrieblichen Ebene: Teamentwicklung in der Körperschaft, Strategieentwicklung, Beratung und Vermittlung, Mitsprache in personellen, wirtschaftlichen und sozialen Belangen, Organizing der Belegschaft
Ein wichtiges, übergeordnetes Bildungsziel der Wiener Gewerkschaftsschule ist es neben der Wissensvermittlung eine „selbstbewusste und emanzipatorische Haltung“ zu vermitteln.
Die Handlungsziele der Wiener Gewerkschaftsschule aus dem Jahr 2022 sind ähnlich jenen der BRAK und umfassen unter anderem:
- politische Bedeutung von Gewerkschaften verstehen
- Mitgliedergewinnung
- Orientierung, Positionierung und Interessensdurchsetzung im Betrieb
- politisches und ökonomisches System verstehen und darin handeln
- Haltung zeigen und Multiplikator:in sein (Demokratie, Diversität, Solidarität, Anti-Faschismus etc.)
Lernprozessbegleitung, Lehrgangscoaching, Lehrgangsbegleitung…?
Um diese Ziele zu erreichen, gibt es auf einer inhaltlichen Ebene ein breitgefächertes Curriculum. Die Vermittlung von Werten und Haltung benötigt jedoch Beziehung, Begegnung und Begleitung und ist auf der Ebene der Persönlichkeit angesiedelt.
Da die Lehrgänge in der gewerkschaftlichen Erwachsenenbildung österreichweit teils sehr unterschiedliche Rahmenbedingungen haben, wird das Thema durch die Brille der Wiener Gewerkschaftsschule betrachtet, wobei immer wieder der Versuch gemacht wird, andere Perspektiven (auch mit Zitaten von Kolleg:innen aus der gewerkschafltichen Bildung) einzubeziehen. Darüber hinaus werden der Einfachheit halber die Begriffe Lehrgangsbegleitung, Lehrgangscoaching und Lernprozessbegleitung synonym verwendet.
Fokus: Wiener Gewerkschaftsschule
Die Lernprozessbegleitung passiert durch direkten, persönlichen und kontinuierlichen Kontakt sowie der Gestaltung der Rahmenbedingungen über die zwei Lehrgangsjahre der Wiener Gewerkschaftsschule. Die Kontakte mit den Teilnehmer:innen passieren zum einen formal im Einzelsetting (durch zumindest ein Gespräch pro Semester) und in der Gruppe (im Rahmen von Einheiten mit Teilen des Teams der Wiener Gewerkschaftsschule) oder in informellen Kontakten mit Teilnehmer:innen oder (Teilen) der Gruppe.
Damit es neben einem Wissenszuwachs auch zu einem „Wertezuwachs“ kommt, braucht es das gesamte Team (und darüber hinaus die Einbindung der Referent:innen, Trainer:innen, aber auch Begegnungspunkte mit dem ÖGB und den Gewerkschaften) und die Schaffung dahingehend förderlicher Rahmenbedingungen.
Darüber hinaus passiert ein Großteil der Entwicklung in der Lehrgangsgruppe. Dies ist der Ort, an dem über die zwei Lehrgangsjahre soziales Lernen stattfindet.
Die Blog-Reihe – ein kleiner Ein- und Ausblick
Die einzelnen Beiträge der Blogreihe versuchen monatlich Einblicke in unterschiedliche Themenbereiche der Lernprozessbegleitung zu geben:
- Beziehungsgestaltung mit den Teilnehmer:innen
- Halten des roten Fadens. Wie gelingt es, ein gelungenes „Drehbuch“ zu schreiben und vor allem, wie gelingt es, dieses auch den Teilnehmer:innen zu vermitteln.
- Vermittlung von Solidarität, Gegenmacht, Demokratiefähigkeit, Teamarbeit, Empowerment, Selbstfürsorge und Abgrenzung
- Entwicklung der gewerkschaftlichen Rolle der Teilnehmer:innen
Autor: Markus Reisinger
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