Seminardokumentation: Dynamiken und Prozesse in Gruppen

Geht’s der Gruppe gut, lernt sich’s leichter

06.06.2017 – 08.06.2017

Trainer_innen: Florian Reiter und Andrea Schüller

Wir haben uns 2,5 Tag mir Prozessen und Dynamik in Gruppen beschäftigt. Der Umgang mit Ungewissheit und die Wahrnehmungen im Hier & Jetzt des Trainings waren dabei die Basis für den Transfer und dem Übersetzen in dei verschiedenen Bildungskontexte der TeilnehmerInnen…

 


Nach dem Start der Gruppe mit soziometrischen Aufstellungsübungen, in denen ein besonderer Fokus auf den Bildungskontexten und TrainerInnenerfahrungen der TeilnehmerInnen lag wurden die Erwartungen der TeilnehmerInnen zu den Zielen der Veranstaltung in Bezug gesetzt.

 

Am Anfang steht die Ungewissheit…

Die Dynamiken und Prozesse von Seminar/Trainings/Lehrgangs/… Gruppen sind nicht planbar und nicht vorhersehbar. Unsicherheit und Ungewissheit sind somit zentraler Teil der Bildungsarbeit. Um diese im Training bearbeiten zu können wurde im ersten Arbeitsauftrag an die TeilnehmerInnen ein Erfahrungs/ExpertInneninput von ihnen verlangt.

Die Unsicherheit wurde noch etwas gesteigert, da nicht klar gemacht wurde, wann welche Gruppe mit ihrem Input zum Einsatz kommen wird.

Eine weitere Überlegung hinter diesem Arbeitsauftrag war, die vorhandene Expertise der TeilnehmerInnen zu nützen und der Erwartung nach Erfahrungsaustausch Rechnung zu tragen.

 

Analysetool: Wahrnehmungsdimensionen

Um Prozesse und Dynamiken in Gruppen erkennen, benennen und bearbeiten zu können sind Analysewerkzeuge notwendig. Da jeder Mensch seine eigene Wirklichkeit hat, ist eine zentrale Anforderung an die Steuerung von Gruppenprozessen der Versuch, eine „gemeinsame Wirklichkeit“ herzustellen, in der die vorhandenen Unterschiede ihren Platz finden.

Grundlage dafür ist eine differenzierte Wahrnehmung von dem „was gerade ist“. Wir haben uns dazu die verschiedenen Dimensionen der menschlichen Wahrnehmung genau angesehen und die einzelnen „Wahrnhemungsmuskeln“ trainiert.

Dieses Muskeltraining sorgte für einige Irritation und auch einen gewissen Widerstand. Warum soll ich mein Denken von meinen Beobachtungen trennen? Warum soll ich mich in einer Bildungsveranstaltung mit Gefühlen und Empfindungen beschäftigen?

Um das Geschehen in Gruppen gut im Blick zu haben ist es notwendig, sich „mit sich selbst gut auszukennen“. Das heißt, ich muss wissen, welche Beobachtungen in der Gruppe gerade mein Denken beeinflussen. Ich muss diese Interpretationen/Bewertungen/… von meinen Gefühlen auseinanderhalten können. Ich muss mir selbst (und gegebenenfalls den TeilnehmerInnen) mitteilen können, was die aktuelle Gruppenentwicklung in mir auslöst und wie es mir damit geht. Wenn ich will, dass meine Wünsche und Bedürfnisse erfüllt werden, muss ich sie den Anderen mitteilen können…

Die Basis für die Reflexion und Aufarbeitung war somit gelegt und die ersten ExpertInneninputs waren dran.

Das Feedback und die Rückmeldungen hat wie üblich eine inhaltliche Dimension. Den Blick unter die Oberfläche konnten wir mittels der Wahrnehmungsdimensionen durchführen.

Es kam zu einem Austausch in der Seminargruppe über die verschiedenen Wahrnehmungen während der Inputs und in der darauf folgenden Diskussion. In dieser Form und Intensität findet der Austausch wohl eher nur in Train-the-Trainer Seminaren (und in gruppendynamischen Trainingsgruppen statt). Was dadurch jedoch gelernt werden kann, ist die Kommunikation über die Dynamiken, die unter der Oberfläche von inhaltlichen Debatten stattfinden.

Hier & Jetzt Lab

Die nächste Irritation kam mit einer „Here & Now“ Session.

Es wurden LernpartnerInnenschaften gegründet, um sich auf die Lab Situation vorzubereiten. Gemeinsam wurde erarbeitet, welche Intentionen und Lernvorhaben im Lab versucht werden sollen.

Im Lab selbst war dann aus jeder LernpartnerInnenschaft eine Person im Innenkreis und nahm an der Session teil, die andere Person saß im Außenkreis und beobachtete das Gruppengeschehen und den/die LernpartnerIn.

Die Aufgabenstellung für das Lab ist gleichzeitig sehr einfach und sehr fordernd: „Was erlebe ich im Hier und Jetzt des Innenkreises?“

Die Dokumentationsfähigkei dieser Wahrnehumungen stößt an dieser Stelle leicht an ihre Grenzen. Es kann aber festgehalten werden, dass die Fokussierung auf das Wahrnehmen im Hier und Jetzt Menschen sehr leicht unter Druck setzt und in Stress bringt. Das Asudrücken von den eigenen Wünschen ist die Vorraussetzung, dass diese auch erfüllt werden können und das Benennen der eigenen Stimmungen steigert nicht nur die Selbstsicherheit, sondern hilft auch den Anderen bei Orientierung und Auskennen „was gerade los ist“.

Nach dem Ende der 10 minütigen Session wurde in einem ersten Schritt in den LernpartnerInnenschaften die Erfahrungen und Lernvorhaben reflektiert, um dann im Plenum diese Reflexion auf eine breitere Basis zu stellen.

Der erste Tag endete mit all den unausweichlichen Irritationen und Unklarheiten, die das prozessorientierte Arbeiten im Hier und Jetzt mit sich bringen…


Tag 2

Die logische Folge war den nächsten Tag mit einem Steuerungsfeedback zu beginnen. Um den roten Faden zu halten, fand auch diese Aufgabe mittels der Wahrnehmungsdimensionen statt:

 

Als Folge der vielen Irritationen, die im Steuerungsfeedback sichtbar wurden, kamen ein paar Mikro-Inputs und „Produktbeschreibungen“ der TrainerInnen zur Arbeitsweise im Seminar. Dies führte beim Großteil der Gruppe zu einer gewissen Erleichterung. Die Bedeutung des Verlassens der Komfortzone und die Lernmöglichkeiten die daraus resultieren können wurden sichtbar. Die Gefahr von der Lernzone in die Stresszone zu kommen ist dabei immer präsent und kann fast nicht vermieden werden. Doch genau in diesen Grenzbereichen findet Lernen statt und insbesondere gilt das für gruppendynamisches Lernen. Ebenfalls sichtbar wurde die Notwendigkeit, als TrainerIn auch Entscheidungen zu treffen, mit denen man sich bei den TeilnehmerInnen nicht immer beliebt macht

Das zweite Here and Now Lab wurde wieder durch die LernpartnerInnenschaften begonnen und mit einer Plenumsreflexion abgeschlossen. Die Sicherheit in dieser Arbeitsweise war schon größer als am Tag 1 und trotzdem zeigten sich die Herausforderungen der Beschäftigung mit dem „Hier und Jetzt“.

Der Vormittag wurde mit weiteren ExpertInneninputs der TNInnen und ausführlichen Rückmeldungs- und Reflexionssessions abgeschlossen.

Das Modell der Aktionshaltungen von Kantor lieferte die Basis für die Auseinandersetzungen des Nachmittags: Wie können die Arbeit im „Hier & Jetzt“ und die Wahrnehmungsdimensionen für die Bildungsformate der TeilnehmerInnen genützt werden?

 

 

 

 

 

 


In weiterer Folge konnten immer mehr Steuerung an die Gruppe abgegeben und zum Tagesabschluss die ‚Wünsche für den letzten Tag gesammelt werden.

Gegen Ende des zweiten Tages gab es noch einen veritablen Konflikt in der Seminargruppe. Dieser wurde am Morgen des zweiten Tages nochmal aufgegriffen und mittels der Wahrnehmungsdimensioen bearbeitet. Das Besprechbarmachen eines solchen Unterschieds/Konflikts mittels des Analyse- und Kommunikationstools „Wahrnehmungsdimensionen“ bot nochmal hoch interessane Einblicke, die für die Arbeit über das Seminar hinaus verwertbar sein werden.

 

 

 

Es folgten die letzten beiden ExpertInneninputs der TeilnehmerInnen, die zu spannenden Debatten führten:


Dem Ende der Veranstaltung näher kommend haben die TrainerInnen in einer Co-Creation ein gemeinsames Flip gestaltet, in dem der rote Faden der Veranstaltung nochmals nachgezeichnet wurde

 

 

 

 

 

 

 


Der Transfer stellte nochmal die Übersetzung der ARbeit im Hier und Jetzt mit den Wahrnehmungsdimensioen ins Zentrum:

 

 

 

 

 

 

 


Zum Abschluss gab es eine Feedbackrunde mit der Lehrgangsleitung. Den 2,5 Tagen entsprechend gab es einige Überraschungen für sie 🙂

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