#mm: Biografiearbeit – 5 Übungen zum Thema Gender

Biografiearbeit eignet sich zur vertieften Auseinandersetzung mit dem Thema Gender. Achtet darauf, dass sich die Teilnehmenden aus ihrer eigenen Erfahrung auf die Thematik einlassen.

Die folgenden fünf Übungen sollen die Teilnehmenden dabei unterstützen, sich mit ihrer eigenen Biografie auseinanderzusetzen und Geschlechterrollen, Sozialisierung und Sprache kritisch zu reflektieren.

Da hier mit persönlichen Erfahrungen gearbeitet wird, die mitunter erlittene Verletzungen beinhalten, erfordert dieser Ansatz besondere Sorgfalt im Umgang mit den Grenzen der teilnehmenden Personen. Daher muss auch die Gruppendynamik sorgfältig im Auge behalten werden. Speziell in gemischten Gruppen bedarf es viel Fingerspitzengefühl, um kollektive Zuschreibungen und individuelle Auffassungen nicht zu vermischen. Es kann daher sinnvoll sein, geschlechtergetrennte Gruppen zu bilden.

Trainer*innen  müssen sich bewusst sein, dass immer auch die eigene Biografie mit eingebracht wird und sie daher immer auch selbst über ihre eigene Geschlechterrolle beteiligt sind (Quelle: Salto, Rolle, Pflicht und Kür. Gender Manual II, Verlag Pestalozzianum 2001, S 20).


1.) Was habe ich mitbekommen?

** Ziel: Bewusstwerden von individuellen und kollektiven Erfahrungen
** Dauer: 20-40 Minuten

Einzelarbeit – Aufgabe:

„Überleg dir kurz und antworte spontan: Welche Wörter, Leitsätze haben dich in deiner Jugendzeit geprägt? An welche erinnerst du dich noch?“

  • Schreibt die Sätze oder Wörter auf Karten – Frauen und Männer in unterschiedlichen Farben
  • Geht durch den Raum und sagt eure Sätze und Wörter immer wieder laut vor euch hin
  • Hört auch auf das, was die anderen sagen

Zu zweit austauschen:

  • Tauscht euch über das Gehörte aus. Welche Gefühle haben die Sätze und Wörter ausgelöst?
  • Pinnt die Karten an eine Pinnwand (geordnet nach Farbe)

Gesamtgruppe Plenum – Austausch anhand der Karten:

  • Tauscht euch über die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Karten der Frauen und Männer aus
  • Optional kann ein Plakat mit den Karten erstellt und aufgehängt werden, damit sich im weiteren Verlauf wieder darauf bezogen werden kann. Hat sich beispielsweise etwas an den Gefühlen geändert?

Entnommen aus: Salto, Rolle, Pflicht und Kür. Gender Manual II, Verlag Pestalozzianum 2001, S 23


2.) Ich bin ein Mädchen, ich bin ein Junge

** Ziel: Sich die eigenen Erfahrungen bewusst machen
** Dauer: 30-50 Minuten

Aufgabe für Einzelarbeit im Plenum:

  • Versucht euch zurückzuerinnern:
    Wann ist euch klar geworden, dass ihr ein Mädchen oder Junge seid?
  • Wenn ihr an damals denkt, welche Gefühle kommen hoch?
  • Gab es eine Zeit, in der ihr lieber ein Junge bzw. lieber ein Mädchen gewesen wärt? Was war damals? Wie habt ihr euch gefühlt?

Kleingruppen: Frauen / Männer:

  • Tauscht euch untereinander aus und besprecht, wie ihr die Fragen für euch beantworten konntet.

Austausch im Plenum:

  • Rückmeldungen aus den Kleingruppen und Diskussion

Entnommen aus: Salto, Rolle, Pflicht und Kür. Gender Manual II, Verlag Pestalozzianum 2001, S 21


3.) Mein Leben als Frau / Mann

** Ziel: Erfahrungen von Frauen und Männern vergleichen
** Dauer: 90 Minuten

Kleingruppen nach Frauen und Männer getrennt – Aufgabe:

Diskutiert die Fragen:

  • Wie hat meine Geschlechtszugehörigkeit mein Leben und meine Arbeit beeinflusst?
  • Wie habe ich mir mein Leben vorgestellt? geplant?
  • Welche Veränderungen würden mir helfen, meine Möglichkeiten voll auszuschöpfen?

Kleingruppen, gemischt – Erfahrungsaustausch

Entnommen aus: Salto, Rolle, Pflicht und Kür. Gender Manual II, Verlag Pestalozzianum 2001, S 24


4.) Das eigene Leben weiterspinnen

** Ziel: Einen Bezug zur persönlichen Zukunft als wichtige biografische Perspektive herstellen. Wunschbilder und Realität unterscheiden lernen. Konsequenzen für das gegenwärtige Leben ziehen.
** Dauer: 90 Minuten

Plenum – Aufgabe für Einzelarbeit:

  • Nehmt euch Stift und Papier
  • Stellt euch vor es ist das Jahr 2033
  • Teilt das Papier in zwei Spalten. Links die Rubrik „Träume“ und rechts „Realität“
    Links schreibt ihr, was ihr euch wünschen würdet. Träumt und lasst auch Utopien zu.
    Rechts beschreibt ihr, wie es vermutlich sein wird, wenn ihr Entwicklungen realistisch einschätzt.

Kleingruppen – Auswertung:

  • Erzählt euch gegenseitig eure Geschichten
  • Und zwar so, als ob es das Jahr 2033 wäre
  • Erzählt in der Ich-Form und beginnt etwa so: „Ich arbeite als … Ich habe zwei Kinder … Ich habe soeben mein …»
  • Zuhörende sollen besonders auf das achten, was nicht erzählt wird.

Plenum – Aufgabe für Einzelarbeit:

Notiert euch Gedanken zu folgenden Fragen:

  • Habe ich die politische Entwicklung mit einbezogen?
  • Was brauche ich unbedingt zum Leben (finanzielle Situation, Beziehungen, Arbeit)?
  • Wie ist bei mir das Verhältnis zwischen Traum und Realität?
  • Woran liegt es, dass der Traum wohl nicht in Erfüllung gehen wird?
  • Welche Gefühle habe ich, wenn ich an meine Zukunft denke?
  • Welche Bereiche kann ich in meiner Zukunft gut erkennen, welche bleiben verschwommen?

Entnommen aus: Salto, Rolle, Pflicht und Kür. Gender Manual II, Verlag Pestalozzianum 2001, S 30


5.) Redebiografie

** Ziel: Das eigene Gesprächsverhalten reflektieren
** Dauer: 60 Minuten

Lasst euch von folgenden Fragen anregen, eurem eigenen Gesprächsverhalten auf die Spur zu kommen. Schreibt eure Gedanken auf ein separates Blatt. Danach folgt die Auswertung und Diskussion der Fragen im Plenum.

Fragenliste für Einzelarbeit:

  • Wie war das Gesprächsverhalten in meiner Familie?
  • Wer hat geredet? Vater? Mutter? Geschwister? Ich?
  • Veränderte sich das Gesprächsverhalten, wenn Gäste da waren?
  • Wie wurde in verschiedenen Situationen geredet? Z.B. bei der Heimkehr von der Schule, bei Spannungen usw.
  • Wurde diskutiert? Hielt jemand Monologe? Wurde geplaudert? Erzählt? Befohlen? Verboten?
  • Wurde ich als Kind ermuntert zu reden? Oder wurde ich aufgefordert zu schweigen? Oder beides? Bei welchen Gelegenheiten?
  • Fanden meine Ansichten Aufmerksamkeit?
  • Wie habe ich in der Schule geredet? Im Klassenzimmer? In der Pause?
  • Wie habe ich in der Schule reden gelernt? Musste ich „ganze Sätze» machen? Durfte ich so reden, wie es meinen Gedanken und Gefühlen entsprach?
  • Wie wurde mein Gesprächsverhalten bewertet? Was wurde belohnt? Was allenfalls bestraft?
  • Wer waren und sind meine Vorbilder bezüglich Reden?
  • Wessen Redeverhalten schreckt mich ab?

Entnommen aus: Salto, Rolle, Pflicht und Kür. Gender Manual II, Verlag Pestalozzianum 2001, S 35

Englische Übersetzung finden Sie hier

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