#visdo: „Ich kann nicht zeichnen“

Mit Ausreden um die Welt

Würde ich für jede Person, die mir schon erklärt hat, dass sie nicht zeichnen kann, einen Euro bekommen, könnte ich um das Geld mittlerweile ein Flugticket nach China buchen. Dort würde ich Dafen besuchen, ein Dorf voller fleißiger Künstler*innen, die berühmte Gemälde nachzeichnen – und das so gekonnt, dass sie vom Original kaum unterscheidbar sind. Und ich würde mir das legendäre Ölbild der Sonnenblumen von Vincent Van Gogh kaufen.

Das ist der berühmte Maler, der sich angeblich ein Ohr abgeschnitten hat. Aber weder das noch seine Selbstzweifel haben ihn daran gehindert, es in alle großen Museen der Welt zu schaffen. Seine Werke sind heute Millionen wert. Dass es mal soweit kommt, hat er selbst nicht kommen gesehen. Vor langer Zeit schrieb er einen Brief an seinen Bruder Theo, der im vorgeschlagen hatte Maler zu werden. Darin heißt es:

„Als du davon sprachst, ich solle Maler werden, hielt ich das für ganz unmöglich und wollte davon nichts wissen. Meine Zweifel schwanden, als ich ein verständliches Buch über die Perspektive las.“
– Vincent Van Gogh


Was wäre aus Vincent geworden, hätte er das Buch nicht gelesen? Wie kommt es, dass sein einzigartiger Stil von den chinesischen Maler*innen heute so gut kopiert werden kann? Ist das ganze Dorf voller auserkorener, gottbegnadeter Genies?

Der Mythos vom Talent

Kaum ein Kind zweifelt daran, dass es lesen oder schreiben lernen kann. Kein Kind zweifelt daran, dass es tanzen, singen oder zeichnen kann. Doch irgendwann passiert etwas mit unserer Überzeugung. Jemand äußert sich, oft ohne sich darüber bewusst zu sein, abwertend über eines unserer Bilder. Jemand lacht unsere Kritzeleien aus. Jemand sagt, wir haben kein Talent. Wir fangen an, uns mit anderen zu vergleichen und der Vergleich fällt allzu oft negativ aus.

Übung 1: Ergänze die Frisuren und Schnurrbärte der Ahnengalerie

Mir ging es nicht anders. Ich habe einen großen Bruder, dessen Bilder in den Fluren unserer Schule und bei uns daheim im Wohnzimmer hingen. Obwohl ich immer gerne gezeichnet habe, hatte ich immer das Gefühl, dass daraus eh nichts wird. Schließlich kam mein Gekritzel als 15-jährige den großartigen Werken meines 21-jährigen Bruders, der eine der angesehensten Kunstuniversitäten besuchte, nicht nahe. Wie, sie meinen, das ist kein fairer Vergleicht? Die Idee kam mir damals leider nicht. Dass ich nicht gut zeichnen kann, stand für mich fest. Warum sollte ich meine Überzeugung hinterfragen?

Übung 2: Zeichne bunte Blumen in die Vasen.

So ergeht es vielen. Wir glauben den Mythos vom Talent, das uns scheinbar leider nicht in die Wiege gelegt wurde und hören irgendwann auf zu zeichnen. Aber ganz ehrlich – wie gut könnten Sie lesen, wenn Sie noch während der Schulzeit damit aufgehört hätten? Wie gut könnten Sie laufen, wenn Sie ihre Beine in den letzten 10 bis 20 Jahren nie bewegt hätten?

Ob wir zeichnen können entscheiden wir selbst

Ich hatte Glück. Nach meinem Studienabschluss – Wirtschaft, denn mit Kunst lässt sich ja kein Geld verdienen – habe ich begonnen, Seminare zum Thema Statistik und Datenauswertung zu halten. Das war spannender als es klingt. Aber vor allem habe ich während dieser Seminare begonnen mitzuzeichnen, da mir auffiel, dass selbst die einfachste Skizze meist viel schneller verstanden und länger gemerkt wird als ausschweifende Erklärungen. Meine Bilder stießen bei den Teilnehmer*innen auf viel positives Feedback und ich wurde immer öfter gefragt, ob ich nicht auch außerhalb meines Seminares Illustrationen für meine Kund*innen anfertigen kann. So begann ich mich wieder dem Zeichnen zu widmen.

Übung 3: Dieser Farm fehlt noch ein Traktor, das Gemüsebeet und die Schafherde.

Zeichen zu lernen ist keine Kunst. Auch wenn viele uns das weismachen wollen. Es gibt ein System dahinter. Und das ist genauso erlernbar wie Fahrrad fahren.

Die leise Stimme im Ohr bleibt zugegeben oft noch. Sie flüstert einem zu, man solle sich nichts vormachen. Sie behauptet, dass man nie den Zeichenolymp erklimmen wird. Sie meint immer, andere seien besser. Doch sie kann ruhig reden. Das wichtige ist, dass wir nicht hinhören und ihr nicht glauben. Heute lasse ich meine innere kritische Stimme einfach schnattern, schnappe mir ein neues Blatt Papier und meinen Lieblingsstift und zeichne an meinem nächsten Projekt.

Übung 4: Alien Invasion! Zeichne Ufos in den Himmel.

Damit du das auch kannst, habe ich dir in diesem Blogbeitrag ein paar Starthilfen mitgebracht. Schau mal, welches Bild dich anlacht und druck dir das, was du am sympathischsten findest, aus. Ich bin gespannt, was du draus zaubern kannst.

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Motivation im Internet

Wer noch mehr Motivation sucht, findet im Internet viele tolle Beispiele, wie sehr sich der Zeichenstil innerhalb von kürzester Zeit verbessern kann. Alles was es braucht sind ein bisschen Übung und die richtigen Tipps und Tricks. Zum Stift greifen müsst ihr selbst – die Tipps und Tricks verrate ich euch in den kommenden #visdo Blogbeiträgen.

Autorin: Lana Lauren

PS: Natürlich würden wir uns über kreativ gestaltete Ufo-Himmel, Ahnengalerien, Bauernhöfe oder Blumengalerien freuen! Wenn du Lust hast, mach ein Foto von deinen Zeichnungen und schick es uns an refak@akwien.at – wir stellen die Ergebnisse dann auf den Blog!

Lust auf mehr? Zu allen Beiträgen der #visdo-Serie kommst du HIER!

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